taz.de -- Chinesisches Tenniswunder: Li Nas bittersüßer Sieg

Die 29-jährige Li Na siegte als erste Chinesin bei den French Open in Paris. Die chinesische Tennisbürokratie ist nicht ganz so begeistert. Denn seit vier Jahren geht Li Na ihren eigenen Weg.
Bild: Tenniswunder Li Na bei den French Open in Paris.

Peking taz | Na - wir lieben dich", verkündete ein Spruchband auf dem Bildschirm des chinesischen Staatsfernsehens CCTV, begeisterte Sportkommentatoren riefen: "Es ist ein Wunder!" Sogar die dröge Volkszeitung, Sprachrohr der Kommunistischen Partei, war entzückt: Ihren Bericht über den Erfolg der 29-jährigen Li Na hob sie auf Seite eins - und verzierte ihn mit einem roten Streifen.

Mit Li Na siegte am Samstag erstmals eine Chinesin bei einem der wichtigsten Tennisturniere der Welt, den French Open in Paris. Die 29-Jährige reagierte mit Witz auf ihren Erfolg: "Als ich jung war, wollte ich immer in einem Grand Slam siegen", sagte sie vor Journalisten. "Heute meinen einige Leute, dass ich alt werde - so hat sich der Traum einer alten Frau erfüllt. Nicht einfach!"

Für Chinas nationale Tennisbürokratie ist der Aufstieg Li Nas, die von Verehrern im Internet auch "ältere Schwester" genannt wird, eine bittersüße Sache. Mit dem Sieg hat der Star bewiesen, dass seine Entscheidung 2007 richtig war: Damals brach Li Na mit ihrem Teamkollegen, Trainer und späteren Ehemann Jiang Shan aus dem staatlichen Sportsystem aus, in dem Funktionäre über das Schicksal von Sportlern bestimmen.

In diesem Frühjahr hatte sie einen neuen Coach engagiert, den Dänen Michael Mortensen. "Ich wollte einen Wechsel", sagte sie, ihren Mann aber habe sie "nie gefeuert", er sei weiter ihr Trainingspartner.

Li Na spielte im chinesischen Sport immer eine besondere Rolle, versuchte stets ihre Individualität zu betonen. Ihre Lebensfreude und ein rebellischer Zug zeigen sich nicht nur in den zuweilen bunt gefärbten Haaren und gepiercten Ohren, sondern auch in der tätowierten Rose, die aus ihrem Dekolleté blitzt.

Geboren wurde Li Na in der zentralchinesischen Provinz Hunan. Ihren Vater, einen Badmintonspieler, verlor sie mit 14 Jahren. Er hatte dafür gesorgt, dass sie von klein auf Badminton spielte. Mit neun Jahren wechselte sie in die Tennismannschaft der örtlichen Sportschule. 1999 wurde Li Na in die Profimannschaft geholt. Im Alter von 20 Jahren ging sie zum Journalismusstudium an die Universität. 2004 kehrte sie in die Tennisnationalmannschaft zurück - ein Schritt, der sich ausgezahlt hat

5 Jun 2011

AUTOREN

Jutta Lietsch

TAGS

Tennis

ARTIKEL ZUM THEMA

Karriereende der Tennisspielerin Li Na: Heldin der Individualität

Li Nas Vermächtnis ist groß. Die Chinesin hat sich von den Partei-Apparatschiks emanzipiert und ihrer Sportart in Asien einen Boom beschert.

Tennisturnier in Wimbledon: Wiedersehen nach dem Rekordduell

Letztes Jahr standen sich Nicolas Mahut und John Isner in Wimbledon gegenüber – das Match dauerte über 11 Stunden. Dieses Jahr trafen sie abermals aufeinander.

Bundestrainerin über deutsche Tennisfrauen: "Talent für die Disziplin"

Tennis-Bundestrainerin Barbara Rittner über die jüngsten Erfolge deutscher Frauen, deren Chancen in Wimbledon und wie sehr es Tennisväter braucht.

Finale der French Open in Paris: Aufstand der reifen Frauen

Francesco Schiavone und Li Na sind um die 30 und stehen im Finale der French Open. Es gibt eine Erklärung, warum die Siegerinnen nun älter sind als früher.

Andrea Petkovic bei den French Open: Fit wie ein Tier, reif für den Titel

Andrea Petkovic kann gegen Maria Scharapowa das Halbfinale der French Open erreichen. Als erste Deutsche seit Jahren stieße sie dann in die Top 10 vor.

French Open 2011: Glutenfrei ins Glück

Weil er bewusster trainiert und gesünder isst, ist der Serbe Novak Djokovic zum Favoriten der French Open geworden. Seriensieger des Jahres ist er bereits.