taz.de -- Kommentar Machtwechsel in Portugal: Die kommenden Einschnitte
Der Wahlsieger Passos Coelho ist im Moment einer der wichtigsten Akteure im Land. Was genau er mit Portugal vorhat, ist aber nicht so klar.
Wem darf man in Portugal zum Wahlsieg gratulieren? Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Sicher, künftig wird die Sozialdemokratische Partei (PSD) unter Pedro Passos Coelho die Geschicke des Landes lenken. So zumindest suggerieren es die Ergebnisse der vorgezogenen Neuwahlen. Der Wirtschaftswissenschaftler verspricht eine "starke Regierung", um "enorme Schwierigkeiten zu bewältigen". Und er verspricht "totale Transparenz".
Sein Programm kennen alle. Es ist im Internet nachzulesen, aber nicht unter der Webadresse der PSD, sondern auf den Seiten der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds. Die Einschnitte für den Rettungsschirm und seine 78 Milliarden Euro sind allumfassend. Löhne, Renten, Sozialausgaben, Bildung, Gesundheitswesen, Infrastruktur, Privatisierungen, Erhöhung der Verbrauchersteuern und Abbau der Arbeitnehmerrechte.
Der Wahlsieger Passos Coelho ist gegenwärtig einer der wichtigsten Akteure im Land. Er brachte die Regierung Sócrates im März zum Sturz, als seine Fraktion die Zustimmung zu einem - mittlerweile vierten - Sparprogramm verweigerte. Portugal verlor endgültig seine Glaubwürdigkeit an den Märkten.
Der Gang nach Brüssel und Washington war unausweichlich. José Sócrates, der mehr als als ein Jahr lang versucht hatte, eine hausgemachte Lösung zu finden, war gescheitert. Dabei waren seine ersten Ansätze, die Krise zu bewältigen, so schlecht nicht.
Er versuchte nicht nur die Ausgabenseite durch Kürzungen in den Griff zu bekommen, sondern auch die Einnahmeseite durch neuen Steuern für Besserverdienende zu korrigieren. Passos Coelho stellte sich von Anfang an gegen dieses Ansinnen und gab damit den Ratingagenturen die Vorlage für wiederholte Herabstufungen.
6 Jun 2011
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