taz.de -- Kommentar Bildungspolitik der CDU: Modernisierte Konservative
Wenn die CDU in den Städten punkten will, muss sie mutiger werden. Gesamtschulen sind längst kein Schreckgespenst mehr. Im CDU-Entwurf tauchen sie nicht auf.
Die Christdemokraten stecken in einem Dilemma: Einerseits wollen sie ihr konservatives Image aufpolieren. Andererseits wollen sie mit modernen Konzepten das Bürgertum in den Städten binden. Beides klappt zurzeit nicht. Der Entwurf für eine neue CDU-Bildungspolitik zeigt, wie schwierig dieser Spagat ist.
Mit dem Abschied von der Hauptschule erkennen die Christdemokraten reichlich spät an, was gesellschaftlich seit Jahren Realität ist. Die Hauptschule ist eine Schulart, die von Eltern und Schülern nicht gewünscht ist, deren Schulabschluss ist ein Stigma und kein Versprechen für die Zukunft.
Mit ihrem vorgeschlagenen Zwei-Wege-Modell reagieren die Konservativen auf den Niedergang der Hauptschulen. In die Offensive gehen sie nicht. Sie bleiben bei einem Schulsystem, das Kinder früh trennt: Oberschulen für die Masse, Gymnasien für die Klasse. Da sind sie ganz konservativ - allerdings nicht modern.
Weil sie eine längere gemeinsame Lernzeit aber nicht gänzlich ablehnen, wollen sie die Schulzeit in den Kindergarten verlängern. Da geht die Partei in die Offensive, da gibt sie sich radikal modern. Als einzige Partei wirbt die CDU seit Jahren für den verpflichtenden Kita-Besuch.
Dahinter steckt die Überlegung, dass Kitas Teil des Bildungssystems sind und keine bloßen Betreuungseinrichtungen. Das ist richtig, allein die Vorstellung, Kinder zum Besuch zu verpflichten, ist realitätsfern. In der Praxis besuchen bereits über 90 Prozent der fünfjährigen eine Kindertageseinrichtung. Und wenn es mehr Plätze und keine Gebühren gäbe, wären es sicher mehr.
Wenn die Christdemokraten in den schwarz-grünen Städten punkten wollen, dann müssen sie mutiger werden. Gesamtschulen sind für die bildungsbewussten Bürger längst kein Schreckgespenst mehr. Aber im CDU-Entwurf tauchen sie nicht auf.
8 Jun 2011
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