taz.de -- Vergewaltigungsvorwürfe gegen Ex-IWF-Chef: Wende im Fall Strauss-Kahn

Auf einmal soll die Anklage wackeln: Im Fall Strauss-Kahn, der wegen Vergewaltigungsverdacht unter Hausarrest steht, zweifelt die US-Staatsanwaltschaft an der Glaubwürdigkeit der Zeugin.
Bild: Muss am Freitag zu einer außerplanmäßigen Anhörung: Dominique Strauss-Kahn.

NEW YORK afp/dapd | Im Strafverfahren wegen Vergewaltigungsvorwürfen gegen Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn gibt es möglicherweise eine Wende.Die Anklage gegen Strauss-Kahn stehe kurz vor dem Zusammenbruch, berichtete die New York Times am späten Donnerstagabend unter Berufung auf mit dem Fall vertraute Justizbeamte. Für Freitag wurde zudem überraschend eine außerplanmäßige Anhörung Strauss-Kahns vor Gericht angeordnet. Dort werde die Staatsanwaltschaft eine drastische Reduzierung der millionenschweren Kaution fordern, sagte ein Gewährsmann.

Ein ungewöhnlicher Schritt, zumal die Staatsanwaltschaft anfangs erklärt hatte, die Beweise gegen den ehemaligen geschäftsführenden Direktor des Internationalen Währungsfonds seien erdrückend. Ein weiterer Gewährsmann hatte ebenfalls am Donnerstag gesagt, Strauss-Kahns Kautions- und Hausarrestauflagen würden wahrscheinlich gelockert. Die nächste Anhörung in dem Strafverfahren war ursprünglich für den 18. Juli angesetzt

Dem Zeitungsbericht zufolge hat die New Yorker Staatsanwaltschaft Zweifel an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers. Die Ankläger glaubten nicht viel von der Aussage der Hotelangestellten, die Strauss-Kahn massive sexuelle Übergriffe während seines Aufenthalts in einem New Yorker Luxushotel vorwirft. Die aus Guinea stammende Frau habe seit dem angeblichen Vorfall am 14. Mai wiederholt gelogen. So soll sich die 32-Jährige wegen eines Asylantrags verdächtig gemacht haben und zudem in kriminelle Aktivitäten, wie Drogenhandel und Geldwäsche, verwickelt sein. Daneben soll sie in den vergangenen zwei Jahren etwa 100.000 Dollar (etwa 70.000 Euro) "von verschiedenen Einzelpersonen" erhalten haben, berichtete die NYT. Der 62-Jährige weist die Vorwürfe, Mitte Mai die 32-Jährige Hotelangestellte in New York sexuell angegriffen zu haben, zurück.

Strauss-Kahns Anwalt, William Taylor, sagte nur, die Anhörung sei anberaumt worden, um den Kautionsplan zu prüfen. Die Staatsanwaltschaft und die Polizei wollten sich nicht äußern. Staatsanwaltschaft und Verteidigung dürfen die Kautionsentscheidung zu jedem Zeitpunkt in einem laufenden Verfahren vom Richter überprüfen lassen.

"Probleme mit dem Fall"

Ein Polizist, der mit den Ermittlungen vertraut ist, sich aber nicht öffentlich äußern darf, sagte, die Zweifel müssten sich nicht notwendigerweise auf den Vergewaltigungsvorwurf beziehen, sondern könnten auch bezüglich der Vorgeschichte der Zeugin aufgetreten sein.

Laut NYT wollen die Staatsanwälte dem Richter gegenüber deutlich machen, "Probleme mit dem Fall" zu haben. Sollten die schwerwiegenderen Vorwürfe gegen den Ex-IWF-Chef fallen gelassen werden, könnte der Hausarrest aufgehoben werden, schrieb die Zeitung weiter. Die Staatsanwaltschaft könnte Strauss-Kahn jedoch auch auffordern, sich hinsichtlich eines geringeren "Fehlverhaltens" schuldig zu bekennen - gegen solch ein Szenario würden sich allerdings seine Anwälte wehren, hieß es.

Die französische Zeitung Libération hatte am Donnerstag zudem kurz zuvor Strauss-Kahns Anwälte zitiert, wonach diese die Rechtmäßigkeit der Gegenüberstellung nach seiner Festnahme in Frage stellten und dies vor Gericht thematisieren wollten. Vor der Gegenüberstellung soll die Frau bereits mindestens zwei Mal das Gesicht Strauss-Kahns gesehen haben und ihn auf einem Foto identifiziert haben, das ihr Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes des Hotels zeigten. Anschließend soll sie ihn im Fernsehen erkannt haben.

Strauss-Kahn steht seit seiner Freilassung auf Kaution in Höhe von einer Million Dollar und einer Hinterlegung von Bürgschaften über fünf Millionen Dollar unter strengem Hausarrest. Der französische Volkswirt und Diplomat wird in einem luxuriösen Stadthaus in Manhattan rund um die Uhr bewacht und muss eine elektronische Fußfessel tragen. Er darf das Stadthaus im Viertel Tribeca nur verlassen, um Gerichts-, Anwalts- oder Arzttermine wahrzunehmen und einmal wöchentlich an einem Gottesdienst teilzunehmen. Die Sicherheitsmaßnahmen, darunter auch Überwachungskameras, kosten ihn schätzungsweise 200.000 Dollar im Monat, die Miete beträgt 50.000 Dollar.

1 Jul 2011

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