taz.de -- Kommentar Flugrouten: Bürger, das unbekannte Wesen

Auch wenn der nun vorgelegte Vorschlag sicher nicht alle in der Region zufrieden stellen wird, sind vor allem die Bürger Gewinner des Prozesses.
Bild: Oben rechts: Die geplante Startbahn des Franz-Josef-Strauß-Airports.

Geht doch: Die Flugsicherung hat einen Routenvorschlag vorgelegt, der den Belangen der Flughafenanwohner im Süden Berlins ein ganzes Stück entgegenkommt. Möglich wurde der Entwurf nach einem Dreivierteljahr intensiver Beratungen mit potenziell betroffenen Bürgerinnen und Bürgern.

Zur Erinnerung: Das erste Konzept hatte die Flugsicherung noch im stillen Kämmerchen ausgetüftelt und den Menschen in der Region dann unter die Nase gerieben, was massive Proteste zur Folge hatte. Manche Alternative habe man gar nicht im Repertoire gehabt, bekannte das Gremium nun. Es mussten erst ganze Ortschaften zu Flugexperten werden, eigene Vorschläge ausarbeiten, Zeit, Geld und Energie investieren, um die Verwaltung vor sich her zu treiben.

Die Politik sah in dem Prozess auch nicht gut aus: Sie tat erst, als wisse sie von nichts. Und ließ sich dann vor den Karren einzelner Interessengruppen spannen. Souveränes Auftreten sieht anders aus.

Auch wenn der nun vorgelegte Vorschlag sicher nicht alle in der Region zufrieden stellen wird, stehen die Gewinner fest: die Deutsche Flugsicherung, weil sie ein neues Planverständnis erprobt und dazugelernt hat. Die Politiker, weil sie den Kompromiss nun zwar im Wahlkampf zweckentfremden werden - vielleicht aber doch die Erkenntnis gewonnen haben, dass Wähler mehr können als alle paar Jahre ein Kreuzchen machen. Vor allem aber haben die Bürger gezeigt, dass sie sich über Partikularinteressen hinwegsetzen und konstruktiv mitplanen können. Das hat Signalwirkung für künftige Großprojekte.

4 Jul 2011

AUTOREN

Pezzei

TAGS

Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)

ARTIKEL ZUM THEMA

Neue Startbahn für Münchner Flughafen: Wutbürger im Erdinger Moos

Die CSU plant den Ausbau des Münchner Flughafens und die Gegner demonstrieren vor der Parteizentrale. Doch für ein "München 21" wird es wohl nicht reichen.

Nach dem Flugrouten-Kompromiss: Bewährungsprobe in der Praxis

Bundesverkehrsminister Ramsauer ist zufrieden mit dem Kompromiss - und würde heute dennoch anders planen. Die Tauglichkeit der Routen soll ein halbes Jahr nach BER-Eröffnung überprüft werden.

BER-Flugrouten: Viele können ruhiger schlafen

Der korrigierte Vorschlag für die künftigen Flugrouten steht. Potsdam wird verschont, Berlin entlastet. Die Bürgervertreter sind im großen und ganzen zufrieden.

BBI-Flugrouten: Die Flugsicherung ist am Drücker

Fluglärmkommission schließt Beratung über BBI-Routen ab. Deutsche Flugsicherung soll aktualisierte Flugrouten bereits am 4. Juli präsentieren.

Berliner Großflughafen BBI: Flughafengegner nutzen jede Chance

Volksbegehren sollen für Nachtruhe sorgen, Klagen die geplanten Flugrouten ändern.

Kommentar Flugrouten BBI: Heiße Luft um die Ruhe in der Luft

Die Bürgermeister Potsdams, der Umlandgemeinden und der Berliner Südbezirke haben sich mit einem gemeinsamen Vorschlag zu den BBI-Flugrouten positioniert. Möglichst weit umfliegen, möglichst wenig nachts lautet der Tenor. Sinnvoll ist das nicht.