taz.de -- Kolumne Pressschlag: SM - Sascha Mölders Superstar

"Papa, mach bitte ein Tor", wünschte sich der Sohnemann. Mölders tat ihm den Gefallen gleich doppelt. Augsburger neuer Stürmer lässt den suspendierten Michael Thurk vergessen.
Bild: Augsburgs neuer Fanliebling Mölders im Pokalspiel gegen Oberhausen.

Was für ein finsterer Held: groß, kräftig, dunkelhaarig und bärtig. Ein veritabler Hotzenplotz. Aber der ist ja von Otfried Preußler. Augsburger Helden kommen für gewöhnlich an dünnen Fäden daher und wirken nicht nur holzschnittartig. Als der ortsansässige Fußballverein nun vor Saisonbeginn die Kooperation mit der mindestens weltberühmten Puppenkiste verlängerte, da war klar: Alles wird gut. Ein Klub, dessen Mannschaftskapitän Uwe Möhrle vor dem Anpfiff statt langweiliger Wimpel Marionetten überreicht, den muss man einfach ins Herz schließen. Komisch, dass Mainz nie auf die Idee kam, eine Narrenkappe zu reichen. Oder St. Pauli ein Astra.

Zurück zum Sport: Sascha Mölders, der finstere Held, strahlte nach dem 2:2 seines FCA gegen den SC Freiburg wie der Weiße Riese aus der Werbung. Zwei seiner vier Kinder trug der 26-Jährige nach getaner Tat auf den Armen und erzählte seine beinahe zu kitschige Geschichte: "Meine Tochter Joy hatte mich morgens angerufen und gesagt: ,Papa, ich will die Torhymne hören! Mach bitte ein Tor!'", sagte Mölders und fuhr leise fort: "Hab ich gemacht." Braver Papa. Fast hätte der Stadion-DJ das Lummerland-Lied "Eine Insel mit zwei Bergen" sogar dreimal spielen können, doch nach zwei Kopfballtreffern landete ein dritter Mölders-Versuch am Pfosten. Das wäre wohl doch zu viel des Guten gewesen.

Die Treffer des für 175.000 Euro vom Zweitligisten FSV Frankfurt an den Lech gewechselten Mittelstürmers waren nicht nur seine ersten in der höchsten Spielklasse, sondern auch die ersten Bundesliga-Tore in der 104-jährigen Geschichte des FC Ausgburg. Sie fielen mitten hinein in eine merkwürdige Konstellation: Statt sich zu freuen, musste in Augsburg dreckige Wäsche gewaschen werden.

Der Grund: die Suspendierung von Michael Thurk. Der hatte in 104 Spielen 51 Tore für den FCA erzielt, war Liebling der Fans und "auch ein bisschen das Gesicht des FC Augsburg", wie Manager Andreas Rettig zugab. Aber: Es habe in der Vergangenheit "gravierende Meinungsverschiedenheiten zwischen Thurk und Trainer Jos Luhukay gegeben", sagte Rettig, und als Thurk seine Nicht-Berücksichtigung für die Pokal-Partie gegen Oberhausen öffentlich kritisiert hatte, war das für Rettig zu viel. Nicht wenige in der Liga hätten ihm 2008 vor der Verpflichtung Thurks gesagt: "Lass die Finger von dem!" Bis zuletzt habe man gehofft, "dass wir es hinkriegen mit Michael".

Aber dann kam ja Mölders, ersparte den FCA-Bossen so manche Häme und fand auch noch ein paar warme Worte für den Exkonkurrenten Thurk. So ein braver Held.

7 Aug 2011

AUTOREN

Becker

ARTIKEL ZUM THEMA

Kolumne Press-Schlag: Die Kicker aus der Antistadt

Mit Kampffußball und Manndeckung ist der FC Augsburg drauf und dran, den Bundesliga-Klassenerhalt zu schaffen. Ja wissen die denn nicht, dass das keiner will?

Kolumne Pressschlag: Genug gelabert, jetzt gibt's Pfefferspray

In den 80ern galten Bengalos in Fußballstadien als schick - heute sind sie verboten. Statt auf Dialog mit den Ultras setzen DFB und DFL nun wieder auf die harte Tour.

Kaiserslautern gegen Augsburg: Aufsteiger bleibt unschlagbar

Zweites Spiel, zweites Unentschieden: Neuling Augsburg hamstert weiter Punkte gegen den Abstieg. Kaiserslautern kam erst in der zweiten Hälfte ins Spiel.

Bremen gegen Kaiserslautern: Werder siegt mit B-Sturm

Bremen gönnt sich zur Abwechslung mal ein Erfolgserlebnis zum Saisonauftakt. Dem Verein droht aber neue Unruhe, denn Führungsspieler Mertesacker will offenbar fort.

Mainz gegen Leverkusen: Duell der Enttäuschten

Mainz verkraftet das Pokal-Aus besser als Leverkusen. Das Team von Trainer Tuchel war spritziger und effektiver. Bei der Bayer-Elf enttäuschte vor allem das Mittelfeld.

Stuttgart gegen Schalke: Schwäbische Bammel-Bewältigung

Stuttgart startet mit neuem Stadion, großer Sause und einem hohen Sieg in die Liga. Schalkes Millionentruppe machte es dem VfB leicht, seinen Bammel abzulegen.

Köln gegen Wolfsburg: Held ohne Perspektive

VFL-Stürmer Helmes ist Mann des Spiels und beschert seinem Ex-Klub Köln einen bitteren Abend. Doch trotz zweier Tore für Wolfsburg muss er um seinen Platz bangen.

Kolumne Pressschlag: Verbrechen gegen die Sportlichkeit

Sportbetrug ist nicht strafbar. Zwar werden Betrüger angeklagt, doch dabei geht es eher um Geld und Ökonomie, nicht um Verbrechen gegen den edlen Sport.

Kolumne Pressschlag: Wie aus Fohlen Tiger werden

Borussia Mönchengladbach steht kurz vor dem Abstieg. Kann Coach Favre noch Impulse setzen oder vielleicht doch der revolutionäre Kandidat Effenberg?

Kolumne Pressschlag: Der einzig wahre Messias

Ostereier für alle: Dieser angebliche Heilandstyp ist auferstanden, und auch in der Bundesliga sind alle Hoffenheim.