taz.de -- Kommentar Urteil zu 1-Euro-Jobs: Bessere Arbeit ist möglich
Die Gerichtsentscheidung ändert nichts an der Fehlkonstruktion der 1-Euro-Jobs. Denn den Betroffenen sollte ein Lohn und keine "Mehraufwandsentschädigung" zustehen.
Genugtuung für 1-Euro-Jobber: Das Bundessozialgericht hat dem Missbrauch der 1-Euro-Jobs einen Riegel vorgeschoben. Wenn die Hartz-IV-Behörden rechtswidrige 1-Euro-Jobs vermitteln, können die betroffenen Hartz-IV-Empfänger mehr Geld für ihre Arbeit verlangen, und zwar von der Behörde. Rechtswidrig sind solche Jobs, wenn sie normale Beschäftigungsverhältnisse verdrängen.
Diese durchaus verbreitete Praxis wird nach dem Urteil erschwert - das ist ein Fortschritt. Dabei darf es aber nicht stehen bleiben. Nun sollte - politisch - ein Umdenken einsetzen: Statt 1-Euro-Jobs brauchen Langzeitarbeitslose Arbeitsstellen mit Perspektive, auch öffentlich geförderte.
Denn die Gerichtsentscheidung ändert nichts an der Fehlkonstruktion der 1-Euro-Jobs, die die rot-grüne Bundesregierung mit schwarz-gelber Unterstützung einführte. 1-Euro-Jobs sind keine "Arbeit", sondern nur "Arbeitsgelegenheit". Den Betroffenen steht kein Lohn zu, sondern nur eine "Mehraufwandsentschädigung". Für viele ist das demütigend.
Abhilfe könnte ein öffentlicher Beschäftigungssektor schaffen. Es gibt ja sinnvolle Tätigkeiten in den Kommunen und sozialen Einrichtungen, für die kein Geld da ist: etwa als Hausmeister in Sportvereinen, als flexibler Babysitter bei eingeschränkten Kita- und Hortzeiten, als Suppenküchenhelfer oder Seniorenbetreuer.
Der rot-rote Senat in Berlin hat Tausende solcher Stellen geschaffen - sozialversicherungspflichtig und nach Tarif bezahlt, wobei ein Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde gilt. Das ist für den Staat kaum teurer, als Lebenshaltungskosten und Taschengeld für 1-Euro-Jobber zu übernehmen. Für die Betroffenen aber bedeutet solche Arbeit nicht nur mehr Geld, sondern mehr Würde.
28 Aug 2011
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