taz.de -- Kommentar Wahl des MDR-Intendanten: Doppelskandal hält besser

Beim MDR sollen die Zeiten konserviert werden, als die Dresdner Staatskanzlei über die Köpfe ihrer Untertanen verfügte. Das muss der MDR-Rundfunkrat endlich stoppen.

Natürlich könnte man jetzt mit Willi Brandt lästern, dass da zusammenwuchs, was zusammengehörte: Das ostdeutsche Boulevardblatt Superillu veranstaltet nicht nur seit langem mit dem MDR eine Gala mit dem unschlagbaren Namen "Goldene Henne", sondern hat MDR-Unterhaltungschef Udo Foht auch Geld geliehen. Und über den Sender wiederbekommen, obwohl Fohts kreative Geldbeschaffung dem Dienstrecht komplett widersprach.

Mehr noch: der TV-Direktor höchstselbst wusste Bescheid. Und damit die Story noch spannender und verworrener wird, zahlte der MDR nicht selbst, sondern ein bislang unbekannter Dritter.

Das allein wäre schon genug Skandal im öffentlich-rechtlichen Schuppen zu Leipzig - aber doppelt hält bekanntlich besser. Deshalb laufen parallel Intendantenwahlen. Und deshalb hat der MDR-Verwaltungsrat auch dem Drängen Sachsens nachgegeben und den Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung, Bernd Hilder, als Kandidaten nominiert. Der ist zwar lange nicht mehr beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, aber das macht nichts, weil er zur richtigen Partei - der CDU - neigt.

Da soll einer ins Amt gehoben werden, als ob die Zeiten von "König Kurt" Biedenkopf, der das Land quasi-feudalistisch führte, noch immer nicht vorbei seien. Die von den MDR-Mitarbeitern favorisierte Justiziarin Karola Wille versuchte man im Vorfeld mit ihrer Ossi-Biografie zu verhaften. Auch das kennt man von früher.

Beim MDR sollen so die guten, alten Zeiten konserviert werden, als die Dresdner Staatskanzlei über die Köpfe der Thüringer und Sachsen-Anhaltiner verfügte, was Sache war. Dem kann und muss der MDR-Rundfunkrat, der Hilder noch einmal mit Zweidrittel bestätigen muss, eine Abfuhr erteilen, wenn er wirklich einen Neuanfang beim Skandalsender will.

6 Sep 2011

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Grimberg

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