taz.de -- Multikulti-Film im ZDF: Konflikte mit Allah

"Shahada" taucht ein in die Gefühlswelten drei junger Muslime in Berlin. Zuweilen überzeichnet, bildet der Film ihre Zerrissenheit ab (00.00 Uhr, ZDF).
Bild: Zwischen Allah und Alkohol: "Ich bin Türkin, wir haben die Muschihaare erfunden!"

Sagt der Türsteher zu den zwei Mädchen: "Kommt doch einfach wieder, wenn ihr 'n bisschen mehr Haare an der Muschi habt!" Sagt eins der Mädchen: "Du kleiner Pisser! Ich bin Türkin, wir ham die Muschihaare erfunden!" Sie legt noch ein bisschen nach und die Mädchen kommen in den Club.

Es geht so vielversprechend los, der Rest des preisgekrönten, im offiziellen Berlinale-Wettbewerb gelaufenen Hochschulabschlussfilms "Shahada" von Burhan Qurbani hält das Versprechen nicht ein. Eingepackt in elegische Widescreen-Bilder des zeichenhaft winterlichen Berlins kreuzen sich die Wege dreier junger Muslime.

Dass das nicht als Querschnitt des muslimischen Lebens in der deutschen Hauptstadt 2010, dem Jahr von "Deutschland schafft sich ab", durchgehen kann, liegt an diesem Zuviel, an der Überkonstruiertheit der Figuren und der sie motivierenden Konflikte. Die nicht nachvollziehbar werden.

Ismail (Carlo Ljubek) ist ein Fall für sich. Denn dass man eine Frau verlassen könnte, wenn sie von der betörenden Anne Ratte-Polle gespielt wird, ist in Qurbanis konfus psychologisierender Variante gar nicht nachvollziehbar. Per se nachvollziehbar wären die Probleme der Teenager Maryam (Maryam Zaree) und Sammi (Jeremias Acheampong): eine nicht gesetzeskonforme Abtreibung und die Entdeckung des eigenen Schwulseins.

Wären die beiden nur nicht so furchtbar fromm und würde der Konflikt nicht dadurch die entscheidende Verschärfung erfahren. Und die bestimmt nicht dadurch nachvollziehbarer wird, dass Maryams Vater ein verständnisvoller Multikulti-Vorzeigeimam ist, der dem fassungslosen Sammi erklärt: "In Allahs Augen sind alle Arten der Liebe gut."

12 Sep 2011

AUTOREN

Jens Müller

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