taz.de -- Studieren im Ausland: Hauptsache weg

Immer mehr StudentInnen entscheiden sich für eine Universität im Ausland - und das meistens nicht nur für ein Semester. Hoch im Kurs: Österreich und die Niederlande.
Bild: Neue Kultur, neue Sprache - oder zumindest ein Studienplatz.

BERLIN taz | Hauptsache, nicht in Deutschland an die Uni - das scheinen sich immer mehr Deutsche zu denken, die studieren wollen. Denn viele junge Leute zieht es an Hochschulen in der Ferne. So waren es im Jahr 2009 insgesamt 115.500 Studenten, die im Ausland studierten. Das sind in etwa 8 Prozent mehr als noch im Vorjahr, teilt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit.

"Das ist eine ganz natürliche Folge der Globalisierung auf der einen Seite und der Harmonisierung der Studiengänge auf der anderen Seite", sagte Ulrich Grothus, stellvertretender Generalsekretär des Deutsch-Akademischen Austauschdienstes. Die beliebtesten Länder für das Studium sind demnach Österreich, wo 23.706 StudentInnen an den Unis eingeschrieben sind, und die Niederlande. Dort besuchen 20.805 deutsche Studierende die Universitäten.

"Es gibt sicherlich einige Leute, die in diese Länder gehen, weil sie in Deutschland keinen Studienplatz in ihrem Wunschfach bekommen haben", versucht Grothus die Beliebtheit der Nachbarländer zu erklären.

Die Zahlen sind seit Jahren ansteigend. So kamen 1980 auf 1.000 StudentInnen an inländischen Hochschulen nur 18 an ausländischen Hochschulen. 1999 waren es bereits 31, 2009 dann sogar 62 Studierende. "Viele wollen eine andere Kultur und Wissenschaftskultur erleben, aber auch eine neue Sprache lernen und beweisen, dass sie sich auch in einer anderen Umgebung bewegen können", erklärt Grothus. Richtig weit weg zieht es die meisten nicht: Acht von zehn StudentInnen bleiben zum Auslandsstudium in Europa.

Das Erasmus-Programm nutzt in Deutschland in etwa jeder Vierte, der ins Ausland geht. Im Wintersemester 2009/10 studierten 24.029 in diesem europäischen Programm, das auch eine kleine finanzielle Unterstützung bietet. Das beliebteste Land ist demnach Spanien mit knapp 5.000 Erasmus-StudentInnen. Aber auch Frankreich, Großbritannien und Schweden stehen hoch in der Gunst der Studierenden. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch: Die meisten deutschen StudentInnen verlassen sich nicht auf das Erasmus-Programm, sondern studieren auf eigene Faust woanders.

Dabei geht der Trend davon weg, nur kurzfristig eine andere Universität zu besuchen. Viele sehen es mittlerweile als echte Alternative zum Studium in Deutschland. So begannen knapp 30.000 Erstsemester an ausländischen Hochschulen, weitere 20.000 machten auch ihren Abschluss in anderen Ländern.

21 Sep 2011

AUTOREN

Nestler

TAGS

Studium

ARTIKEL ZUM THEMA

Lebenslauf-Optimierung mit Tücken: Erasmus lohnt sich nicht immer

Eine neue Studie zeigt: Für die Karriere sind Auslandssemester längst nicht so entscheidend wie oft gedacht.

Bildungsforscher zum Erasmusprogramm: „Ein Urlaub mit netten Leuten“

Die Absicht im Ausland zu studieren ist durch das Erasmus-Programm nicht gestiegen, sagt Bildungsforscher Christoph Ehmann. Das Programm setzte auf Quantität statt auf Qualität.

Brain-Drain aus Deutschland: Flucht vor dem Numerus Clausus

Weil mehr junge Deutsche studieren wollen, steigt in vielen Fächern der NC. Die Abiturienten gehen deshalb lieber im Ausland studieren und nehmen sogar Studiengebühren in Kauf.

Wiener Uni-Rektor über deutsche Studenten: "Kein grundsätzliches Problem"

Heinz Engl spricht über die "Piefke-Invasion" an Österreichs Hochschulen und die Aussicht, dass Deutschland für die Betreuung der deutschen Studierenden zahlt.

Kommentar Hochschulen: Von wegen Bildungsrepublik!

Die seit Jahrzehnten praktizierte Mangelverwaltung der Hochschulen macht wütend. Sie straft alle schönen Versprechungen von der Bildungsrepublik Lügen.

Europas Unis ungenügend: Zu viele Studienabbrecher

Die EU-Kommission will ein neues Hochschulranking einführen und die Gelder für das Erasmus-Programm aufstocken. Noch immer gibt es in Europa zu wenig Uni-Absolventen.

OECD-Bildungsexperte über Deutschland: "Weiterhin großer Nachholbedarf"

Seit dem Pisa-Schock hat sich viel getan, aber noch lange nicht genug, sagt Bildungsexperte Andreas Schleicher. Noch immer ist die Chancengerechtigkeit ein Problem.

Folgen Hochschulreform: Sicherheit statt Abenteuer

Ziel verfehlt: Nach der Bologna-Reform steigt die Zahl der Auslandsaufenthalte von Studenten nicht. Sie haben dafür schlicht zu wenig Zeit.

Britisches Bildungssystem: Hoffnungen zweiter Klasse

In den Problembezirken Großbritanniens sind Schulen oft schlecht ausgestattet, das soziale Umfeld schätzt Bildung nicht wert. Wer dort aufwächst, für den bleibt Oxford unerreicht.