taz.de -- Kommentar Syrischer Nationalrat: Was der Nationalrat leisten muss
Die syrische Opposition ist dringend auf eine politische Front angewiesen. Ob der neue Nationalrat diese Aufgabe übernehmen kann ist noch ungewiss.
Nach monatelangen Verhandlungen hat die syrische Opposition in Istanbul die Gründung eines Nationalrats verkündet. Die Protestbewegung ist dringend auf eine solche politische Front angewiesen, sonst droht ihr über kurz oder lang die Luft auszugehen.
Zwar gibt es in Syrien keinen Weg zurück zur politischen Grabesruhe. Doch wenn es schlecht läuft, könnte das Land am Anfang eines jahrelangen Bürgerkriegs stehen.
Inwieweit der neue Nationalrat tatsächlich Einfluss auf die Entwicklung nehmen kann, ist unsicher. Für das Gremium spricht, dass es ein breites Spektrum politischer Strömungen umfasst. Dagegen steht, dass der Rat aus dem Exil operiert.
Ein zusätzliches Problem ist weiterhin die zerfaserte Struktur der Opposition: Die Kritik an Zusammensetzung und Ausrichtung des Rates hat längst eingesetzt. Und während seine Mitglieder für einen friedlichen Protest eintreten, werden die Forderungen nach einem bewaffneten Aufstand immer lauter.
Eine wichtige Rolle dabei soll die "Free Syrian Army" spielen. Niemand weiß, wie viele Soldaten zur Opposition übergelaufen sind. Schätzungen bewegen sich zwischen 1.000 und 10.000. Doch von einer Spaltung der Armee kann noch keine Rede sein.
Somit stellt ein bewaffneter Aufstand ein hohes Risiko dar: Die friedlichen Massenproteste haben eine zivilgesellschaftliche Macht entfaltet, der das Regime zunehmend hilflos gegenübersteht. Wenn die Aufständischen allerdings Waffen statt Bannern tragen, hätte Assad einen Vorwand für noch mehr militärische Gewalt.
Andererseits aber berichten Aktivisten tagtäglich von Hinrichtungen, zu Tode gefolterten Demonstranten und Vergewaltigungen. Die Menschen werden nicht ewig friedlich demonstrieren.
Die Opposition steckt damit in einem Dilemma - und die Mitglieder des Nationalrats müssen praktische Antworten auf die drängenden Fragen finden, wenn sie die Demonstranten tatsächlich vertreten wollen
4 Oct 2011
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