taz.de -- Der Buchmessen-Blog: Auf nach Frankfurt

taz-Autor Detlef Kuhlbrodt war schon in den 1980er Jahren als Standmitarbeiter auf der Frankurter Buchmesse. Ab Mittwoch wird er von dort bloggen.
Bild: Auf der Frankfurter Buchmesse gibt es Lesestoff für jedermann und -frau.

BERLIN taz | Ende der 70er Jahre hatte ich vermutlich in der taz zum ersten Mal von der Frankfurter Buchmesse gelesen. Es war dabei aber gar nicht um die richtige Buchmesse gegangen, sondern um die alternative Frankfurter Buchmesse. In dieser Zeit, Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre hatte es zu allen Sachen Alternativen gegeben.

Es gab alternative Buchmessen, alternative Kneipen, alternative Sportveranstaltungen, alternative Kinos, alternative Wasweißichs und die alternative tageszeitung, die über alles berichtete. Gleichzeitig gab es im Mainstreambereich auch Reihen, die vom alternativen Leben handelten. Die hießen zum Beispiel "Anders leben - überleben". Anders Leben nur um zu überleben klang nicht wirklich schön.

Später, Ende der 80er Jahre, war ich auch einmal als Standmitarbeiter auf der Buchmesse mit der "edition Sirene", in der vor allem Werke aus dem Surrealismus erschienen. Es war sehr schön. Meist saß man abwechselnd am Stand, begann schon am frühen Nachmittag mit dem Sekttrinken, tauschte Bücher mit befreundeten anderen Ständen und ging dann am Abend wieder zu Bett. Leider gibt es die "edition Sirene" nicht mehr.

Irgendwann, Anfang der 90er, war ich zweimal mit der taz bei der Frankfurter Buchmesse. Es war auch sehr gut. Mathias Bröckers, dessen Hanfbuch gerade erschienen war, war ganz in Gewänder aus Hanf gekleidet durch die Hallen gegangen und hatte jedem, der es sehen wollte, lachend das warnende Schild im "inner space" seiner Mütze gezeigt: "Do not consume. Hemp is 100 % drugfree."

Die Standbetreuung hat viel Spaß gemacht. Wir haben uns immer abgewechselt, Leute beobachtet, uns über die Beobachtungen ausgetauscht, und wenn jemand über die taz meckerte, hatte man gesagt, dass man das auch so findet, aber nichts dafür kann.

Richard von Weizsäcker hatte leutselig linken Verlegern auf die Schulter geklopft, Helmut Kohl hatte den Verlag Roter Stern besucht, weil er Hölderlin gerne mochte, Günter Grass, dessen Buch "Die Rättin" gerade erschienen war, hatte lange in der Nähe herumgestanden, man hatte das total witzig gefunden und sich überlegt, ihn anzusprechen, es dann aber doch nicht gemacht, weil man nicht wusste, was man hätte sagen sollen.

Obwohl man bis dahin alle Günter-Grass-Bücher gelesen hatte; aus Interesse an der Lebenswelt der Eltern. Beim Nachtschattenverlag hatte man gekifft, abends war man immer betrunken. Ich hatte bei diesen Freunden des taz-Hausmeisters gewohnt und mich gewundert, dass die kein Hasch rauchten, aber ansonsten nichts mit ihnen zu tun gehabt.

1994 war ich zuletzt auf der Frankfurter Buchmesse gewesen. In dieser Zeit hatte "Ziege" von der SPD Bundeskanzler werden wollen, es hatte einen 3-D-Bücherboom gegeben, Rainald Goetz hatte seine Doppel-CD-"Word" vorgestellt und mich schnippisch "Verräter" genannt, weil ich schlecht geschrieben hatte, und am Stand der Titanic hatte Simone Borowiak gestanden, die ich mich aber nicht getraut hatte anzusprechen.

Letztlich war die Buchmesse aber doch eher deprimierend gewesen. Vor allem, weil es so viele Bücher gibt, kamen einem die ganzen Bücher überflüssig vor, und man selber kam sich auch überflüssig vor und war dann froh, als man wieder nach Hause fahren konnte.

Vermutlich wird alles so ähnlich sein. Zum Glück muss ich nicht in der taz darüber berichten; solche Abschlussberichte waren immer der Horror. Stattdessen soll ich in einem Blog darüber schreiben. Kann gut sein, dass das auch grauenhaft werden wird, wenn ich keinen Platz zum Rauchen finde.

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11 Oct 2011

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