taz.de -- Kommentar Polizeiübergriffe im Stadion: Reizgas auf Verdacht

Spätestens nachdem sich der Pyro-Verdacht als falsch erwiesen hat, muss man die ganze Aktion skandalös nennen.
Bild: Managerin und ehemalige Rekordnationalspielerin: Doris Fitschen.

Unter Fußballfans gibt es eine rege Debatte darüber, ob das Abbrennen bengalischer Feuer mehr ist als ein mäßig riskanter Bestandteil der Fankultur. Für die Legalisierung der Freudenfeuer gibt es eine regelrechte Kampagne - bislang sind sie aber nun mal verboten. Und so lange muss es möglich sein, das Zündeln im Stadion mit polizeilichen Mitteln zu unterbinden. Nur mit welchen?

Die Polizei muss in Fanblocks einrücken, in denen es lichterloh brennt. Auch, um die mutmaßlichen Täter dingfest zu machen. Aber davon konnte in Hannover am Sonntag keine Rede sein: Feuer war vor dem Spiel gegen die Bayern nirgends zu sehen, als der Block der 96-Ultras gestürmt wurde. Da genügte der bloße Verdacht, Fans könnten Pyrotechnik ins Stadion geschmuggelt haben, für einen überharten Einsatz.

Dabei hat die Polizei Reizgas versprüht. Das wäre in jedem Fall unverhältnismäßig, weil es immer auch Unbeteiligte trifft. Spätestens aber, nachdem sich der Pyro-Verdacht als falsch erwiesen hat, muss man die ganze Aktion skandalös nennen. Wie zum Hohn wurde dann später unbehelligt gezündelt - von Bayern-Fans.

Auch Hannover 96 steht in der Sache nicht gut da: Das Misstrauen gegenüber den eigenen Anhängern muss schon gewaltig sein, wenn ein Klub noch von einem "berechtigten Verdacht" spricht, nachdem der sich längst als unberechtigt erwiesen hat.

24 Oct 2011

AUTOREN

Jan Kahlcke

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