taz.de -- Skandal um ANC-Jugendführer: Der junge Löwe brüllt nicht mehr

Der radikale Jugendführer und begnadete Demagoge Julius Malema wird von der südafrikanischen Regierungspartei ANC suspendiert. Seine Anhänger bleiben ruhig.
Bild: Abgesägt: ANC-Jugendführer Julius Malema.

JOHANNESBURG taz | Julius Malema ersparte sich die Anhörung seines Schicksals. Während das Disziplinarkomitee von Südafrikas Regierungspartei ANC (Afrikanischer Nationalkongress) gestern den radikalen Führer seiner Jugendliga feuerte, schrieb der 30-jährige Student in seiner ländlichen Heimatprovinz Limpopo Politologieprüfungen für eine Fernuniversität.

Nach wochenlangen Debatten befand der ANC, dass sich Malema in den vergangenen eineinhalb Jahren gleich viermal schuldig gemacht habe, die Partei in Verruf zu bringen und dem Image Südafrikas zu schaden. Er muss jetzt sein Amt niederlegen und ist für fünf Jahre von der Partei suspendiert. Zum Teil ist die Suspendierung offenbar auf Bewährung ausgesetzt, und Malema kann die Entscheidung der Partei innerhalb der nächsten zwei Wochen anfechten.

Die Verkündung der Strafe ging in Johannesburgs Innenstadt fast unbemerkt über die Bühne. Noch im August, als das Disziplinarverfahren begann, hatten sich randalierende junge ANC-Anhänger zu Tausenden vor ihrer Parteizentrale versammelt, dem Luthuli-Haus, um ihren Präsidenten "Juju" sogar mit Nachtwachen zu unterstützen. "Juju" war damals bei der Sitzung anwesend und gab sich anschließend gewohnt aufrührerisch. Doch gestern blieb nicht nur Malema dem Luthuli-Haus fern, auch die Massen fehlten.

Ein starkes Polizeiaufgebot war auf jede Reaktion vorbereitet und wollte Gewalt verärgerter Malema-Anhänger verhindern. Aber sie waren gar nicht erst gekommen. Die Jugendliga erklärte, selbst Schwerverbrecher hätten in Südafrika mehr Chancen auf mildernde Umstände. Am Wochenende will die Liga ihren weiteren Weg diskutierten.

Weitere Suspendierungen

Es wird viel zu besprechen geben, denn außer Malema hat der ANC weitere fünf Führungsmitglieder der Jugendliga wegen Fehlverhaltens suspendiert. Malemas arroganter Sprecher Floyd Shivambu wird vom ANC als untragbar empfunden. Er wurde jetzt für drei Jahre suspendiert, weil er einen Journalisten beschimpft hatte, vulgäre Sprache benutzt und Malemas Ruf nach einem Regimesturz im benachbarten Botswana lautstark folgte.

Keine Rede war im Urteil gegen Malema von Rassismus und Hassreden - Punkte, die in der öffentlichen Wahrnehmung des radikalen Jugendführers eine große Rolle gespielt hatten. Es ging lediglich um seine Haltung gegenüber der Partei. Doch hat der ANC mit dem harschen Urteil deutlich machen wollen, dass die Jugendliga nicht autonom ist und der ANC nicht lahm.

Hinter der Disziplinierung Malemas stecken handfeste politische Interessen: Präsident Jacob Zuma will nächstes Jahr beim ANC-Parteitag in Mangaung als Präsidentschaftskandidat wiedergewählt werden und 2014 eine zweite Amtszeit antreten. Für seinen Aufstieg an die ANC-Spitze, als er Thabo Mbeki parteiintern stürzte, hatte Zuma noch Julius Malema als Sprachrohr und Propagandist benutzt. Doch inzwischen ist die Freundschaft versauert: Malema kritisiert Zuma häufig und wirft ihm vor, nicht antikapitalistisch genug zu sein. Ihm wird nachgesagt, Zuma aus dem Weg räumen zu wollen.

Im ANC gibt es durchaus Unterstützer Malemas. "Malema ist weder populär noch mächtig", meint der anerkannte politische Kommentator Steven Friedman, Leiter des Zentrums für Demokratiestudien an der Rhodes-Universität. "Er verdankt seine Position nicht massiver Unterstützung, sondern weil er für die eine oder andere Fraktion nützlich ist, die im ANC an die Macht will, der nationalistischen oder populistischen Gruppierung."

Der ANC hat die Krise allerdings mitverursacht. Denn er hat Malema über drei Jahre einfach "machen" lassen, trotz zunehmender öffentlicher Kritik. Nun, so fürchtet Friedman, wird sich der linke ANC-Flügel neue Vehikel suchen. Zunächst atmete jetzt die Wirtschaft auf in der Hoffnung, die von Malema geschürte Debatte um die Verstaatlichung von Bergwerken sei vom Tisch.

10 Nov 2011

AUTOREN

Martina Schwikowski

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