taz.de -- Verfahren gegen Althusmann eingestellt: Schlecht zitiert, aber nicht geklaut
Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann ist kein Plagiator, sagt die Uni Potsdam. Seine Dissertation verstößt aber gegen wissenschaftliche Praxis.
BERLIN taz | Die Universität Potsdam hat ihr Plagiatsverfahren gegen Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) eingestellt. Dessen Dissertation weise zwar eine "Vielzahl formaler Mängel" auf und verstoße "erheblich gegen die gute wissenschaftliche Praxis", sagte Uni-Präsident Thomas Grünewald. Eine Verletzung geistigen Eigentums läge nicht vor.
Das Verfahren hatte die Uni eingeleitet, nachdem die Zeit Anfang Juli ein eigens in Auftrag gegebenes Gutachten über die Doktorarbeit von Althusmann veröffentlichte, der derzeit als Vorsitzender der Kultusministerkonferenz (KMK) die Qualitätsaufsicht über die deutschen Hochschulen hat. Auf 88 von 114 untersuchten Seiten der Dissertation über "Prozessorganisation und Prozesskoordination in der öffentlichen Verwaltung" finden sich demnach Regelverstöße.
Von plumpem Abschreiben wie bei Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist bei ihm zwar nicht die Rede. Um die "kargen wissenschaftlichen Eigenleistungen zu kaschieren" soll er aber fremde Texte leicht verändert als indirekte Zitate übernommen und nur mit dem Verweis "vergleiche" kenntlich gemacht haben.
Nach drei Monaten Prüfung legte die achtköpfige Potsdamer Kommission nun ihre einstimmige Entscheidung vor: Trotz aller Mängel seien Althusmann keine vorsätzlichen Urheberrechtsverletzungen vorzuwerfen, sagte der Kommissionsvorsitzende Tobias Lettl.
Während die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), von einem "Freispruch zweiter Klasse" spricht und die KMK beschädigt sieht, zeigte sich Althusmann "erleichtert". Persönliche Konsequenzen schloss er aus: Er werde weder den Doktortitel angesichts der erheblichen Kritik freiwillig abgeben, noch seine politischen Ämter. Die Mängel seiner Doktorarbeit seien in der schlechten Note bereits "ausreichend gewürdigt."
1 Dec 2011
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Nach überstandener Doktor-Affäre muss David McAllister verkünden, dass er sich über Bernd Althusmanns Verbleib im Kabinett freut. Dabei wird er wissen, dass ihm dessen Glaubwürdigkeitsverlust Schaden zufügt.
Althusmanns Arbeit hat zwar Mängel, ist aber kein Plagiat, findet die Uni Potsdam. Ein Schüler würde bei solchem Verhalten vermutlich mit der Note "Sechs" bestraft.
Die Doktorarbeit von Bernd Althusmann wurde des Plagiats verdächtigt. Seine Uni spricht ihn frei. Doch Althusmann bleibt manövrierfähig wie ein Panzer mit Kettenriss.
In Potsdam prüft die "Kommission zur Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens" die Vorwürfe gegen Niedersachsens Kultusminister Althusmann.
Bernd Althusmann hat als Chef der Kultusministerkonferenz die Qualitätsaufsicht über die Hochschulen. Und soll selbst bei seiner Doktorarbeit betrogen haben.