taz.de -- Bundespräsidenten-Affäre: Christians Carrera-Bank
Über die Umwandlung seines günstigen Kredits hat der Präsident im Dezember die Unwahrheit gesagt. Nun wirft auch seine Rolle bei der Rettung von Porsche neue Fragen auf.
BERLIN taz | Wann hat Bundespräsident Christian Wulff (CDU) auf die Sonderkonditionen bei der Baden-Württembergischen Bank (BW-Bank) verzichtet? Und warum hatte die BW-Bank - eine auf die Finanzierung von baden-württembergischen Mittelständlern spezialisierte Tochter der Landesbank LBBW - ihm überhaupt einen vergünstigten Kredit eingeräumt? Zu diesen Fragen sind über den Jahreswechsel Details bekannt geworden, die Wulff erneut in Erklärungsnot bringen.
Der eine Vorwurf bezieht sich auf die erste persönliche Erklärung von Wulff zur Kreditaffäre: Am 15. Dezember hatte er schriftlich mitgeteilt, er habe den Kredit der Ehefrau seines Freundes Egon Geerkens im März 2010 zunächst durch ein Geldmarktdarlehen bei der BW-Bank abgelöst.
Der Zinssatz hat dabei nach unwidersprochenen Medienberichten bei 0,9 bis 2,1 Prozent gelegen - und damit halb so hoch wie bei regulären Hypothekenkrediten. Weiter sagte Wulff damals: "Inzwischen habe ich das Geldmarktdarlehen in ein langfristiges Darlehen festgeschrieben". Der Satz legt nahe, dass der vergünstigte Kredit schon durch einen regulären abgelöst worden war.
Einigkeit schon Ende November
Doch das deckt sich nicht mit neuen Angaben der Bank. Diese teilte inzwischen mit, dass Wulff den neuen Kreditvertrag erst am 21. Dezember unterschrieb - also eine Woche nach seiner Erklärung und nachdem die Konditionen bereits bekannt geworden waren; gelten wird der neue Zinssatz zudem erst ab 16. Januar.
Selbst wenn, wie Wulffs Anwalt erklärt, über den Zinssatz schon Ende November Einigkeit bestand, wäre Wulffs Erklärung vom 15. Dezember, das neue Darlehen sei "festgeschrieben", unzutreffend. Zu den möglichen Gründen für den günstigen Kredit verweist der Spiegel auf die Rolle Wulffs bei der Übernahme von Porsche durch VW.
Die BW-Bank war die Hausbank von Porsche, und der Autobauer hatte sich bei seinem Versuch, VW zu übernehmen, mit mindestens 10 Milliarden Euro verschuldet. Als die Übernahme im März 2009 scheiterte, drohte zwischenzeitig die Insolvenz von Porsche, die auch die BW-Bank getroffen hätte.
Gerettet wurde der Konzern, indem wiederum VW bei Porsche einstieg - und das dafür notwendige Vertragswerk war unter tatkräftiger Mitwirkung von Christian Wulff zustande gekommen, der als niedersächsischer Ministerpräsident im Präsidium des Aufsichtsrates von VW saß.
"Keine irgendwie geartete Interessenkollision"
Vier Monate später bekam Wulff seinen günstigen Privatkredit von der BW-Bank. Auf die Frage, ob es sich dabei um eine Art "Dankeschön" für die Porsche-Rettung gehandelt habe, antwortete Wulff dem Spiegel, es bestehe "keine irgendwie geartete Interessenkollision". Weitere Kommentare lehnte er mit Verweis auf "Verschwiegenheitsverpflichtungen" als Aufsichtsrat ab.
Der Sprecher der BW-Bank, Manfred Rube, nannte einen Zusammenhang mit der Porsche-Rettung "absoluten Blödsinn". Den Grünen langt diese Erklärung nicht. "Die Informationen über Wulffs Verbindung zur BW-Bank lassen Abgründe erahnen, die eine weitergehende Aufklärung erfordern", sagte der Vorsitzende der niedersächsischen Landtagsfraktion, Stefan Wenzel, der taz.
Eine Verbindung von Wulffs dienstlicher Hilfe für die Bank und seinem privaten Kredit zu Sonderkonditionen könne neben politischen auch rechtliche Konsequenzen haben, so Wenzel. "Wenn hier private Gegenleistungen für politische Entscheidungen vorliegen, ist juristisch auch eine Vorteilsnahme nach dem Strafgesetzbuch zu prüfen."
1 Jan 2012
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Wulffs Aussage, sein Kredit bei der BW-Bank habe "ganz normale übliche Konditionen" gehabt, ist zweifelhaft. Außerdem kam der Vertrag später zustande, als Wulff suggerierte.
Bundespräsident Wulff lässt wegen seines Anrufs bei Kai Diekmann nur versichern, Pressefreiheit sei ein "hohes Gut". Doch es gab mehr als einen Anruf bei Springer.
Der Bundespräsident soll Journalisten wegen der Berichterstattung über die Kreditaffäre frühzeitig gedroht haben. Kai Diekmann scheint er sogar "Latein-Nachhilfe" gegeben zu haben.
Das Amt des Bundespräsidenten ist beschädigt. Daran sind aber nicht die Medien schuld, sondern Wulff. Nach seinen Lügen wird es ihm schwerfallen, noch Glauben zu finden.
Neuestes aus dem Hause Wulff: Unternehmer Geerkens, dessen Gattin Wulff den 500.000-Euro-Kredit gewährt hatte, hat offenbar den Folgekredit bei der BW-Bank vermittelt.
Bundespräsident Wulff löst ein Staatsschutz-Verfahren wegen eines Foto-Kommentars auf Facebook aus. Ihn zu "verunglimpfen" ist ein eigener Straftatbestand.
Die niedersächsischen Grünen wollen vorerst keinen Untersuchungsausschuss zur Kreditaffäre Christian Wulffs. Im Januar soll es eine Anfrage an die Regierung geben.
Gegen die BW-Bank ist Anzeige wegen des Verdachts der Untreue erstattet worden. Die Bank hatte Wulff ein besonders zinsgünstiges Darlehen gewährt.