taz.de -- Treffen von Israelis und Palästinensern: Ein Hauch von Nähe in Nahost
Das erste Treffen zwischen palästinensischen und israelischen Unterhändlern könnte Friedensgespräche ermöglichen. Seit 2010 herrschte Funkstille.
Israel und die Palästinenser unternehmen einen erneuten Versuch zur Konfliktlösung. Zum ersten Mal seit September 2010 treffen sich heute in der jordanischen Hauptstadt Amman PLO-Chefunterhändler Saeb Erikat und Israels Sonderbeauftragter Jitzhak Molcho.
Federführend bei der Vermittlung war Jordanien. In Jerusalem wie in Ramallah herrscht indes wenig Hoffnung auf einen Erfolg des Treffens, bei dem es sich, wie aus Israel verlautete, nur um "Verhandlungen über Verhandlungen" handle.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas machte keinen Hehl aus seiner Skepsis. Sollte es bis zum 26. Januar keine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen geben, so seien "alle Optionen offen". Ende Januar läuft die dreimonatige Frist aus, die das Nahost-Quartett aus den USA, EU, UN und Russland setzte, um mit neuen Vorschlägen beider Seiten den Friedensprozess wiederzubeleben. "Wenn es keinen Frieden gibt", so warnte der Palästinenserpräsident, dann werde "die gesamte Welt die Konsequenzen tragen".
Neue Gewalt und eine dritte Intifada schloss Abbas aus. Stattdessen plant die palästinensische Führung eine diplomatische Kampagne. Im Jahr 2012 soll Israel verstärkt unter Druck gesetzt werden, kündigte PLO-Funktionär Nabil Shaath an und stellte eine "internationale Blockade" in Aussicht. Dazu gehören offenbar Anträge an den UN-Sicherheitsrat, Israel wegen Kriegsverbrechen während der Gaza-Invasion vor drei Jahren vor den Internationalen Gerichtshof zu bringen.
Ziel sei auch, eine UN-Resolution gegen den fortgesetzten Siedlungsbau zu bewirken. Israels starres Festhalten an dem Neubau von Wohnungen in den israelischen Siedlungen ist Hauptgrund, dass die Palästinenser eine Wiederaufnahme des Dialogs verweigern.
Warten auf die Abstimmung der UN-Generalversammlung
Offen ist noch immer die Abstimmung der UN-Generalversammlung über die Anerkennung Palästinas. Gegen Warnungen aus dem Weißen Haus war die PLO Ende Oktober mit ihrem Mitgliedschaftsantrag vor den UN-Sicherheitsrat gezogen und gescheitert. Abbas appellierte am Wochenende an die USA, sich wieder verstärkt im Nahost-Friedensprozess zu engagieren. "Vergeudet nicht 2012 mit Wahlen", drängte er. Bei den heutigen Treffen in Amman wird der EU-Nahostbeauftragte Tony Blair zum Teil anwesend sein.
Israels fortgesetzter Siedlungsbau ist das Hauptproblem, aber nicht das einzige. Die PLO beharrt auf der bis 1967 geltenden Waffenstillstandslinie als Ausgangsbasis für Verhandlungen. Weitere Amnestien für Häftlinge stehen auf der Liste von Abbas, darunter auch die Entlassung von Marwan Barghuti, Chef der Fatah im Westjordanland. Umgekehrt verlangt Netanjahu von den Palästinensern die Anerkennung Israels als jüdischer Staat, was Abbas ablehnt.
Problematisch für Verhandlungen dürfte zudem die fortschreitende Annäherung zwischen Fatah und Hamas sein, die verfeindeten palästinensischen Flügel. Die Islamisten der Hamas signalisierten jüngst Bereitschaft, vom bewaffneten Widerstand abzulassen und stattdessen auf den friedlichen Protest zu setzen. Die Hamas soll zudem PLO-Mitglied werden. Beide Fraktionen einigten sich auf Wahlen im Mai. Am Sonntag lehnte Netanjahu aber Verhandlungen mit einer palästinensischen Regierung ab, an der die Hamas beteiligt ist.
2 Jan 2012
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