taz.de -- Wahlkampf in Frankreich: Sozialist nennt Sarkozy "Widerling"
Der sozialistische Präsidentschaftskandidat Hollande soll Präsident Sarkozy beleidigt haben – vor der Presse. Die hielt sich nicht an die Absprache, nicht zu berichten.
PARIS afp | Der Ton im französischen Wahlkampf wird rauer: Die konservative Regierungspartei UMP reagierte am Mittwoch mit Empörung auf Berichte, wonach der sozialistische Präsidentschaftskandidat François Hollande den Präsidenten Nicolas Sarkozy als "Widerling" bezeichnet haben soll.
Die Ministerin für Ausbildung und berufliche Bildung, Nadine Morano, forderte von Hollande eine "öffentliche Entschuldigung". Die Bemerkungen seien "unerträglich und unerhört". Regierungssprecherin Valérie Pécresse verlangte eine Erklärung, sollte die Aussage von Hollande so getroffen worden sein.
Hollande hatte am Dienstag einige Journalisten zum Mittagessen eingeladen, darunter auch einen Vertreter der Nachrichtenagentur afp. Das Gespräch war "off the records", die Aussagen durften also eigentlich nicht verbreitet werden. Dennoch berichtete die Zeitung Le Parisien am Mittwoch über Hollandes "Widerling"-Aussage.
Tatsächlich hatte der sozialistische Präsidentschaftskandidat in der Runde so getan, als ob er als Sarkozy zu den Franzosen spreche und hatte ironisch gesagt: "Ich bin der Präsident des Misserfolgs, ich bin ein Widerling, aber in diesen schwierigen Zeiten bin ich der einzig Handlungsfähige...". Sarkozy werde versuchen, sich im Wahlkampf als der "mutige Steuermann" zu präsentieren, sagte Hollande weiter.
Hollandes verbales Feuerwerk gegen die Kollegen
Verteidigungsminister Gérard Longuet nannte Hollande am Mittwoch einen "schlechten Kandidaten", denn wenn er den Wahlkampf so beginne, dann könne dieser nur mittelmäßig werden. Außenhandelstaatssekretär Pierre Lellouche wandte sich gegen "persönliche Angriffe" im Wahlkampf. Hollande habe einen "großen Fehler" begangen.
Ex-Industrieminister Christian Estrosi erklärte Hollandes Verhalten für "eines Präsidentschaftskandidaten unwürdig". Es sei "auf persönlicher Ebene niederträchtig, aber auf politischer Ebene auch gefährlich", weil das Amt des Präsidenten herabgewürdigt werde.
Innenminister Claude Guéant nannte die Bemerkungen im Sender Europe 1 "untragbar". Viele Mitarbeiter Hollandes ließen sich zu Beleidigungen und lügnerischen Aussagen hinreißen, kritisierte er.
4 Jan 2012
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