taz.de -- 37 Milliarden Euro Kosten im ersten Jahr: Südkorea gründet Vereinigungsfonds

Die Planung und die Finanzierung der von Südkorea angestrebten Vereinigung mit dem Norden soll in diesem Jahr Priorität haben. Schon im ersten Jahr müsste der Süden enorme Kosten tragen.
Bild: Zur Zeit geht es dem Süden prächtig: Sylvesterparty an der Börse von Seoul.

SEOUL afp | Trotz Drohungen der neuen Führung in Nordkorea wird die südkoreanische Regierung einen Fonds zur Finanzierung einer angestrebten Vereinigung mit dem Nachbarstaat auflegen. Der Fonds und weitere praktische Vorbereitungen des Zusammenschlusses seien eine der Prioritäten in diesem Jahr, teilte das südkoreanische Vereinigungsministerium am Donnerstag in Seoul mit.

Demnach will es zudem aktiv eine "Wiedervereinigungsdiplomatie" betreiben und internationale Unterstützung dafür suchen. Dabei solle auch auf Erfahrungen Deutschlands mit der Wiedervereinigung zurückgegriffen werden.

Das Ministerium machte keine Angaben dazu, woher die Gelder für den Fonds kommen sollen oder wie groß dieser ausfallen solle. Die Schätzungen der Kosten einer Vereinigung mit dem weit ärmeren Norden gehen in Südkorea weit auseinander. Das Pro-Kopf-Einkommen im kommunistischen Nordkorea liegt bei nur fünf Prozent des Betrages im hochindustralisierten Süden.

Eine Studie im Auftrag des Vereinigungsministeriums schätzte, dass allein die Sicherstellung grundlegendster Bedürfnisse der Nordkoreaner 55 Milliarden Won (rund 37 Milliarden Euro) im ersten Jahr der Vereinigung kosten würde.

Der Betrag würde sich demnach auf 249 Milliarden Won erhöhen, wenn Gesundheitskosten, Renten und andere Sozialleistungen eingerechnet werden. Südkoreas Präsident Lee Myung Bak hatte 2010 eine eigene Steuer zur Finanzierung einer künftigen Vereinigung ins Gespräch gebracht.

Beide Länder befinden sich seit dem Korea-Krieg (1950-53) weiter im Kriegszustand, in den vergangenen Jahren gab es immer wieder militärische Zwischenfälle. Nordkoreas langjähriger Machthaber Kim Jong Il war Mitte Dezember gestorben.

Nach der Übernahme der Führung durch seinen Sohn Kim Jong Un hatte es zunächst Hoffnung auf einen Kurswechsel gegeben, die durch kämpferische Erklärungen Pjöngjangs in Richtung Süden aber schnell zunichte gemacht wurden. Ungeachtet dessen hat der Tod Kim Jong Ils in Südkorea die Debatte um die Vereinigung mit dem Norden wieder belebt.

5 Jan 2012

ARTIKEL ZUM THEMA

Parlamentswahlen in Südkorea: Die Konservativen werden verlieren

Der autoritäre Stil von Präsident Lee Myung Bak erinnert viele Südkoreaner in die Zeit der vor dreißig Jahren. Lees Partei wird die Wahl am Mittwoch wohl verlieren.

Sanktionen gegen den Iran: Embargo ohne Südkorea

Das kleine Land könne sich einen Verzicht auf iranisches Öl nicht leisten, heißt es aus Seoul. Derweil wollen Israel und die USA schon gemeinsam die Raketenabwehr trainieren.

Nordkorea unter Kim Jon Un: Zehntausende schwören Treue

Bei einer Massenkundgebung in Pjönjang haben zehntausende Nordkoreaner dem neuen Staatsoberhaupt die Treue geschworen. Obwohl sie bei der Trauerfeier für das alte Stunden frieren mussten.

Nordkorea nach Kim Jong Il: Drei Flüchtende erschossen

Drei Männer sollen bei einer versuchten Flucht erschossen worden sein. Es wird befürchtet, dass die Behörden nach dem Machtwechsel verschärft Flüchtlingswellen vermeiden wollen.

Deutsche Raketen für Südkorea: Die Irrfahrt der "Thor Liberty"

Warum hat ein nicht für Waffentransporte zugelassener Frachter deutsche Raketen für Südkorea an Bord und fährt dann ohne Papiere über Finnland? Die Behörden ermitteln.

Kein Kurswechsel unter Kim Jong Un: Nordkorea bleibt Nordkorea

Aus Kim Jong Il wird Kim Jong Un, ansonsten ändert sich nichts. Die neue Führung in Nordkorea hat eine Kursänderung in ihrer Politik ausgeschlossen. Und droht, ganz vertraut, Südkorea.