taz.de -- Währungskrise in Ungarn: Forint auf Rekord-Tief

Der ungarische Währung stürzt weiter ab. Der Wechselkurs erhöhte sich auf 320 Forint für einen Euro. Budapest ist um ein finanzielles Sicherungsnetz beim IWF und bei der EU bemüht.
Bild: Verliert weiter an Wert: der ungarische Forint.

BUDAPEST dapd | Die ungarische Landeswährung ist angesichts der Unsicherheit über ein neues internationales Hilfsprogramm auf ein Rekordtief gegenüber dem Euro gefallen. Am Mittwoch stieg der Wechselkurs auf 320 Forint für einen Euro und übertraf damit den bisherigen Rekord von 317 Forint vor zwei Monaten. Die Regierung in Budapest bemüht sich nach eigenen Angaben beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und bei der EU um ein finanzielles Sicherheitsnetz.

Erste Gespräche darüber wurden jedoch im Dezember vorzeitig beendet und sollen in der kommenden Woche in Washington wieder aufgenommen werden. Ein weiterer Grund für die Abwertung des Forints war die Skepsis der Investoren über die Wirtschaftspolitik Ungarns. Die Regierung habe "unorthodoxe" Methoden angewendet, um die Staatsschulden innerhalb der von der EU erlaubten Grenzen zu halten.

Ungarn hatte Sondersteuern unter anderem für Banken, den Telekommunikationssektor und die Energiebranche eingeführt. Außerdem verstaatlichte das Land ein Vermögen von privaten Rentenkassen in Höhe von 11 Milliarden Euro. Damit wollte die Regierung harte Strafen vermeiden und Zeit gewinnen, bis die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt.

Allerdings könnten die Folgen der Eurokrise und die verhaltene Binnennachfrage im laufenden Jahr zu einer Rezession führen. Die ungarische Schuldenverwaltung sagte zudem am Mittwoch eine Auktion von Staatsanleihen ab. Zur Begründung hieß es, die Zinsen seien zu stark gestiegen. Für auf zehn Jahre ausgelegte Staatsanleihen müsste das Land einen Zinssatz von über 10,5 Prozent zahlen. Das ist so viel wie zuletzt Mitte 2009.

5 Jan 2012

ARTIKEL ZUM THEMA

Ungarn droht der Staatsbankrott: Zwischen Skylla und Charybdis

Auch Nicht-Euro-Mitglied Ungarn vor der Pleite. Der bislang sture Viktor Orbán muss nun den IWF um Hilfe bitten – eine empfindliche Niederlage für den Ministerpräsidenten.

Debatte Eurokrise: Stur gegen den Pluralismus

Der Grund für die Eurokrise ist die Hegemonie Deutschlands in der EU. Die Deutschen betreiben weiter Nabelschau – statt ihre Rolle kritisch zu reflektieren.

EU-Skepis gegenüber Budapest: Ungarn steht vor der Staatspleite

Der Forint fällt, die Zinsen sind höher als für Italien, die Rating-agentur Fitch stuft die Bonität auf Ramschniveau ab. Nun will die rechtsnationale Regierung klein beigeben.

Nur noch "BB+": S&P stuft Ungarn auf "Ramsch" runter

Schon länger schwelt in Ungarn ein Streit zwischen dem Notenbankchef und der Regierung. Nun greift die Ratingagentur Standard and Poor's auf ihre Art in den Konflikt ein.

Oppositionssender in Ungarn abgeschaltet: Musik statt Kritik

Ungarns Meinungsfreiheit muss eine neue Schwächung verkraften: Der oppositionsnahe Sender Klubrádió verliert seine Sendelizenz an einen Dudelfunk.

Wirtschaftskrise in Ungarn: Die armen Nachbarn des Euro

Auch Ungarn leidet unter der Wirtschaftskrise. Vielen Familien und Firmen droht die Pleite – weil sie daran geglaubt haben, dass der Euro bald kommt.

Ungarns Kreditwürdigkeit herabgesetzt: Nur noch Ramsch wert

Die ungarische Regierung bezeichnet die Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Landes als "spekulativen Angriff". Dabei ist die Krise zum großen Teil auch hausgemacht.