taz.de -- Putschverdacht in der Türkei: Ex-Generalstabschef soll Terrorist sein
Erstmals wurde ein türkischer Ex-Generalstabschef wegen eines vermeintlichen Putschversuchs in U-Haft genommen. Die Beschuldigung: Der Militär ist Leiter einer "Terrororganisation".
ISTANBUL afp | Erstmals in der Geschichte der türkischen Republik ist ein ehemaliger Generalstabschef der türkischen Streitkräfte inhaftiert worden. Ilker Basbug wurde am Freitagmorgen in Untersuchungshaft genommen, wie die Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf seinen Anwalt meldete. Ihm werde zur Last gelegt, eine "terroristische Organisation" geleitet und versucht zu haben, die Regierung zu stürzen.
Basbug, der im vergangenen Jahr in den Ruhestand getreten war, wurde laut Anadolu in das Silivri-Gefängnis bei Istanbul gebracht, wo zahlreiche Militärs wegen angeblicher Putschplanungen inhaftiert sind. Der frühere Generalstabschef war am Donnerstag in Istanbul stundenlang wegen des Verdachts verhört worden, Drahtzieher einer Kampagne zur Diskreditierung der Regierungspartei AKP gewesen zu sein. Dazu hätten Pläne gehört, Internetseiten zur Destabilisierung des Landes einzurichten.
Mehrere Dutzend aktive und pensionierte Offiziere waren in den vergangenen Jahren unter der Beschuldigung inhaftiert worden, sie hätten der rechtsgerichteten Gruppe Ergenekon angehört, die den Sturz von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogans geplant habe. Kritiker werfen Erdogan vor, das Verfahren zur Einschüchterung politischer Gegner zu missbrauchen.
Die türkische Armee hatte in den Jahren 1960, 1971 und 1980 geputscht. Sie sieht sich selbst als Garant der säkularen Werte der Türkei und betrachtet die Regierung Erdogan wegen deren islamischer Wurzeln mit Misstrauen.
6 Jan 2012
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