taz.de -- Reaktionen auf Wulffs Fragenkatalog: Verdruckstes Schweigen

Auf den Katalog von Fragen und Antworten, den Wulffs Anwalt nun veröffentlicht hat, gibt es kaum Reaktionen. Politiker, die das gefordert hatten, sind verstummt.
Bild: Doch nicht so spannende Dokumente? Wulffs Anwalt Gernot Lehr.

BERLIN taz | Wenigstens Transparency International rang sich zu einem Kommentar zu den [1][239 Seiten mit Fragen und Antworten] durch, die Christian Wulffs Anwälte ins Netz gestellt hatten. Sie habe den Eindruck, dass es nicht nur um die Antworten gehe, sagte die Vorsitzende Edda Müller am Donnerstag. "Vielleicht sind einfach nicht die richtigen Fragen gestellt worden." Wulff liefere das Gegenbeispiel für mehr Transparenz.

Bei den Parteien allerdings herrschte im Vergleich zu der aufgeregten Debatte, die erst zur Veröffentlichung der E-Mail-Korrespondenz von Wulffs Anwalt Gernot Lehr mit Journalisten geführt hatte, nun verdruckstes Schweigen. Anruf bei den Grünen: Ob sich Fraktionschef Jürgen Trittin, der auf der Fraktionsklausur in Weimar gefordert hatte, dass Wulffs Antworten ins Netz müssten, äußern wolle? Nein, eher nicht, richtet ein Sprecher aus.

Auch die Bitte um einen Kommentar von Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier, der per Twitter die Veröffentlichung gefordert hatte, verhallt ungehört. Es scheint, als wolle sich kein Politiker ernsthaft zu der Dokumentation äußern - und zu dem aufklärerischen Sinn der Aktion. Dabei hatten mehrere Oppositions- und Koalitionspolitiker die Publikation gefordert, nachdem Wulff in seinem Fernsehinterview angekündigt hatte, seine Anwälte würden "alles ins Internet einstellen".

Der Erkenntniswert der Dokumentation ist zweifelhaft. In der Sache liefern die Fragen und Antworten keine neuen Fakten, weil sie - falls relevant - durch die anfragenden Medien längst veröffentlicht wurden. Die Korrespondenz zeigt allenfalls, wie mühsam investigative Recherche ist. Die JournalistInnen schicken detaillierte Fragenkataloge, die sie oft wenig später durch neue Fragen ergänzen.

Wie in solchen Fällen üblich, setzen sie oft eine Frist für Antworten. Anwalt Gernot Lehr antwortet in juristischem Duktus und gibt oft nur so viele Informationen wie unbedingt nötig. Dass alle Themen von ihm ausreichend erhellt werden, lässt sich nicht sagen. So bleiben Sachverhalte offen, etwa, wie genau die Konditionen für den rollierenden Geldmarktkredit bei der BW-Bank aussahen.

19 Jan 2012

LINKS

[1] http://pdf.redeker.de

AUTOREN

Ulrich Schulte

ARTIKEL ZUM THEMA

Wulff im Berliner Ensemble: Ein Mann von stupender Monochromie

Bundespräsident Christian Wulff folgte der Gesprächseinladung des "Zeit"-Herausgebers Josef Joffe. Seine klare Botschaft: Er hat sich fürs Durchhalten entschieden.

Debatte Wulff: Costa Germania

Christian Wulff repräsentiert den Teil der Bevölkerung, der das Gemeinwesen als Schnäppchenmarkt begreift. Mit absehbaren Folgen.

SPD will Wulff wegen Täuschung verklagen: Zu viele Geschenke

Die niedersächsische SPD will die Landesregierung des früheren Ministerpräsidenten und heutigen Bundespräsidenten Christian Wulff vor dem Staatsgerichtshof verklagen.

Landtagsdebatte in Niedersachsen: Finanzminister fühlt sich "beschissen"

In Niedersachsen sorgen die Vorwürfe gegen Wulffs Exsprecher für einen Eklat im Landtag. Minister Möllring (CDU) sieht sich von Glaeseker betrogen, stellt sich aber vor Wulff.

Kommentar Affäre Wulff: Unergiebig und banal

Die Offenlegung aller Antworten Wulffs auf Journalistenfragen ist im Ergebnis enttäuschend. Generell verlieren sich die Medien zunehmend in Details – Wulff hilft das.

Debatte totale Transparenz: Voyeuristen, nicht Aufklärer

Immer neue Details aus dem Wulffschen Alltagsleben werden ans Licht gezerrt und als Nachricht verkauft. Mit Aufklärung hat das nichts zu tun.

Fragen an den Bundespräsidenten: Wulff stellt Antworten ins Netz

Lange gefordert, nun geliefert: Die Anwälte des Bundespräsidenten stellen 239 Seiten mit Antworten auf Journalistenfragen ins Netz. Erkenntnisse bringt das nicht.