taz.de -- Kommentar Altersdiskriminierung: Eine Frage der Macht

Der Kampf gegen die Altersbenachteiligung sollte gebündelt werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen aufgrund eines einzigen Merkmals ausgeschlossen werden.

Sich über Altersdiskriminierung zu beschweren, ist eine heikle Sache. Man kennt das von bejahrten Fernsehschauspielern, die den Jugendwahn bei der Rollenvergabe beklagen, sich aber in der Öffentlichkeit bevorzugt mit jungen Drittfrauen ablichten lassen. Die Klage über Altersdiskriminierung ist immer subjektiv eingefärbt. Auch Jüngere beschweren sich über Benachteiligung wegen ihres Alters, wenn sie im Betrieb am schnellen Aufstieg gehindert werden.

Altersdiskriminierung hat also viele Gesichter – und dazu gehört auch die positive Diskriminierung, etwa wenn allzu schrill die tollen Erfahrungen der Senioren gelobt werden, die doch so wichtig seien für die Firma – obwohl sie garantiert nicht mehr eingestellt würden, ständen sie erst mal draußen.

Der Kampf gegen die Benachteiligung aufgrund des Geburtsdatums sollte gebündelt werden. Wenn Menschen die Macht bekommen, andere aufgrund eines einzigen Merkmals, nämlich des Alters, auszuschließen, ist das nicht hinnehmbar. Diese Möglichkeit der vorschnellen Stereotypisierung muss eingeschränkt werden. Die Versuche in einigen Unternehmen, nur Bewerbungen ohne Altersangabe zu akzeptieren, gehen in die richtige Richtung. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ließ verlauten, dass sich das Verfahren als praktikabel erwiesen habe.

Ebenso wichtig aber ist es, die Immunität gegen Altersdiskriminierung zu erhöhen. Besser Gebildete fürchten den Ausschluss vom Arbeitsmarkt in späten Jahren nicht so sehr wie Hauptschüler. Selbstständige fühlen sich ebenfalls sicherer: Sie stellen sich sozusagen selbst ein. Wer die Handlungshoheit behält, dem können Altersstereotype egal sein. Genau um diese Freiheit geht es. Letztlich spiegeln sich bei der Alterdiskriminierung altbekannte Machtverhältnisse wider.

23 Jan 2012

AUTOREN

Barbara Dribbusch

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