taz.de -- Kommentar Facebooks Ökonomie: Aufmerksamkeit ist endlich
Facebook und andere verkaufen die Aufmerksamkeit ihrer Nutzer. Die ist nicht unbegrenzt und geht an anderer Stelle verloren. Nur was das heißt, weiß noch keiner.
Es ist schon lustig: Facebook lässt eine Wirtschaftsberatungsgesellschaft eine Studie über die eigenen ökonomischen Auswirkungen erstellen - und die stellt fest, dass Facebook sehr wichtig für die Wirtschaft sei. Und darüber hinaus auch noch direkt und indirekt fast eine Viertelmillion Arbeitsplätze in der EU und der Schweiz schaffe.
Nun ist diese Studie inhaltlich überaus schief geraten, aber eine Sache an ihr macht nachdenklich: Verändern sich mit den Mechanismen des Netzes nicht auch die Mechanismen, mit denen Wirtschaft funktioniert?
Facebook, Amazon, eBay, YouTube und Google haben eines gemeinsam: Sie alle haben etwas geschaffen, was vorher so nicht existent war. Sie bedienen alles und jeden und jedermanns Geschmack, und sei er noch so ausgefallen. Bei YouTube finden auch die absurdesten Videos noch ihre Betrachter, bei Amazon lässt sich noch der ausgefallenste Buchtitel finden.
Der Wired-Chefredakteur Chris Anderson nannte dieses Phänomen den langen Schweif: Über das Netz lassen sich auch Bedürfnisse profitabel befriedigen, die früher aus Kostengründen unmöglich zu bedienen gewesen wären. Welcher Plattenladen hätte schon zehn Jahre auf den einen Käufer eines Albums warten können?
Zugleich zentralisieren die Seiten Aktivität auf ihren Plattformen. Ihr Nutzen wird umso größer, je mehr Nutzer sich auf diesen Plattformen bewegen, sie haben einen natürlichen Drang zum Monopol. Rund um die Seiten oder auf ihnen selbst werden entweder Produkte angeboten - Amazon, eBay - oder die Aufmerksamkeit des Nutzers verkauft, so wie bei YouTube, Facebook und Google.
Doch die Aufmerksamkeit der Menschen ist endlich. Sie muss also an anderen Stellen verloren gehen. Nur was das wirklich heißt, das weiß noch keiner so recht.
26 Jan 2012
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