taz.de -- US-Gesetzentwurf gegen Open Access: Wissenschaft soll teuer bleiben

Die freie Veröffentlichung wissenschaftlicher Ergebnisse im Internet könnte drastisch eingeschränkt werden. Ein Gesetzentwurf dazu liegt dem US-Repräsentantenhaus vor.
Bild: Ausschnitt des Elsevier-Firmenlogos. Der Verlag nimmt für Jahresabos zum Teil saftige Preise – beispielsweise 18.119 Euro für das Chemie-Magazin "Tetrahedron".

Ein Gesetzentwurf der Demokratin Carolyn Maloney und des Republikaners Darrell Issa führt zurzeit zu heftigen Debatten in der US-Wissenschaftsgemeinde. Der Research Works Act würde es öffentlichen Institutionen in den USA verbieten, Richtlinien für die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen im Internet vorzusehen.

Es ist ein Angriff auf die bisherige Praxis der National Institutes of Health (NIH). Die US-Gesundheitsbehörde verlangt, dass alle von ihr geförderten Studien nach spätestens einem Jahr der Öffentlichkeit auf der Internetplattform PubMed zur Verfügung gestellt werden.

Viele Wissenschaftler sind Verfechter der Idee des Open Access, was bedeutet, dass Forschungsergebnisse, Studien und Fachartikel im Internet kostenfrei verfügbar sind. Die Idee, dass der freie Austausch von Informationen zum Kern des Wissenschaftsgedankens gehört, findet jedoch wenig Freunde bei den wissenschaftlichen Fachverlagen. Diese sehen ihr Geschäftsmodell gefährdet.

Die Richtlinie der National Institutes of Health war einer der größten Erfolge der Open-Access-Bewegung. Vom Steuerzahler geförderte Forschung solle allen kostenlos zur Verfügung stehen, so die Forderung. Die Richtlinie war letztendlich ein Kompromiss. Für zwölf Monate bleibt den Fachmagazinen die Möglichkeit, mit den publizierten Artikeln Geld zu verdienen. Mit dem Research Works Act wird nun versucht, Richtlinien wie diese zu verbieten.

Dubiose Spenden vom Fachverlag

[1][Michael Eisen, Evolutionsbiologe] und einer der engagiertesten Befürworter von Open Access, sieht den Fachverlag Elsevier hinter dem Gesetzentwurf. Elsevier hat seinen Sitz im Wahlkreis von Carolyn Maloney. Der Verlag hat die demokratische Repräsentantin in der Vergangenheit vielfach mit Spenden bedacht. Eisen betont, dass von der NIH-Regelung vor allem Patienten und Selbsthilfegruppen profitieren, die somit direkten Zugriff auf wissenschaftliche Erkenntnisse der Medizin haben.

Der Research Works Act ist nicht der erste Vorstoß dieser Art. Bereits 2008, kurz nachdem die Gesundheitsbehörde ihre Richtlinie veröffentlicht hatte, wurde ein vergleichbarer Gesetzentwurf im Repräsentantenhaus diskutiert. Dieser wurde jedoch nie verabschiedet.

Forschungsergebnisse werden üblicherweise in wissenschaftlichen Fachmagazinen veröffentlicht, die einer sogenannten Peer Review unterliegen. Jeder Artikel wird vor der Veröffentlichung auf Korrektheit oder offensichtliche Fehler überprüft. Peer Review gilt als die tragende Säule seriöser Wissenschaft.

Die Reviewer selbst sind meist andere Wissenschaftler, die an Universitäten arbeiten und somit nicht von den Verlagen, sondern von der Allgemeinheit bezahlt werden. Die Aufgabe der Fachjournale besteht alleine darin, die Review zu organisieren. Die Fachverlage lassen sich oft fürstlich für ihre Arbeit bezahlen. Preise zwischen 15 und 30 Dollar für das Lesen eines einzelnen Artikels sind nicht ungewöhnlich, Universitätsbibliotheken zahlen viel für Abos der Fachzeitschriften.

Viele Wissenschaftler sind selbst wenig glücklich mit der Praxis der Fachverlage. Sie würden es gerne sehen, wenn ihre Forschung mehr Menschen zugänglich ist. Meist ist es ihnen jedoch nicht einmal erlaubt, ihre bereits veröffentlichten eigenen Artikel auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Die mit den Fachverlagen geschlossenen Verträge schließen das oftmals aus.

Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich daher Open-Access-Publikationen, die von vornherein nur auf die frei zugängliche Veröffentlichung im Internet setzen. Die Zahl der Open-Access-Journale mit Peer Review nimmt zu und Forschung gilt keineswegs als weniger wert, wenn sie in einer solchen Publikation veröffentlicht wurde.

27 Jan 2012

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[1] http://www.michaeleisen.org/blog/?p=807

AUTOREN

Hanno Böck

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