taz.de -- Griechische Schuldenkrise: Athen braucht noch mehr Eulen
Der Schuldenschnitt der privaten Gläubiger Griechenlands reicht nicht. EU-Finanzkommissar Olli Rehn hält weitere staatliche Hilfen für unumgänglich. Volker Kauder droht mit einem Zahlungsstopp.
DAVOS/BERLIN rtr | Für die Rettung Griechenlands sind nach Erkenntnissen von EU-Finanzkommissar Olli Rehn weitere staatliche Hilfen zwingend. Um wie geplant die Schuldenlast des Eurostaates bis 2020 auf 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von derzeit gut 160 Prozent zu senken, werde der derzeit verhandelte Forderungsverzicht der privaten Gläubiger nicht ausreichen, sagte Rehn der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag in Davos.
Diese Lücke müssten die Eurostaaten und die EU-Institutionen füllen. Eine Einigung auf das weite Rettungspaket stehe kurz bevor. "Wir bereiten ein Paket vor, das den Weg für eine nachhaltige Lösung freimacht", sagte der finnische EU-Kommissar auf dem Weltwirtschaftsforum in den Schweizer Alpen. "Es wird dabei wahrscheinlich einen höheren Bedarf an öffentlicher Finanzierung geben, aber nichts Dramatisches."
Die Verhandlungen der privaten Gläubiger mit Griechenland über einen Schuldenschnitt befinden sich augenscheinlich in der Endphase. Der Chefunterhändler des Internationalen Bankenverbandes IIF, Charles Dallara, wollte am Donnerstagabend in Athen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Lukas Papademos zusammenkommen.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder hat Griechenland wegen mangelnder Reformfortschritte mit einem Zahlungsstopp gedroht. "Es muss klargemacht werden: Geld gibt es nur, wenn das Land straff geführt wird – notfalls bis hin zu einem Staatskommissar, der von der EU oder den Euro-Staaten eingesetzt wird", sagte der CDU-Politiker am Donnerstag "Spiegel online". Trotz der Hilfspakete seiner Euro-Partner und des IWF habe sich in dem Land anscheinend "nur sehr wenig grundsätzlich gebessert".
"Griechenland ist ein riesengroßes Problem", sagte Kauder. Das Land unter Kuratel zu stellen, wäre hart. "Aber vielleicht würden sich die Griechen am Ende selbst damit anfreunden." Er unterstrich: "Wir können nicht immer nur Geld geben, ohne dass sich etwas ändert." Kauder zeigte sich auch offen für die Idee, deutsche Beamte als Aufbauhelfer zu schicken.
26 Jan 2012
ARTIKEL ZUM THEMA
Der Ruf, Griechenland solle die Währungsunion verlassen, wird lauter. Doch dann drohten Banken- und Firmenpleiten und eine Hyperinflation.
Die bisherigen Hilfen für Griechenland waren nötig, um die Vergangenheit zu bereinigen. Doch nun muss die Zukunft geschaffen werden. Auch das kostet.
Über Wachstum will Deutschland gern reden, über mehr Geld zur Eurorettung "derzeit" nicht. Das sichert den Koalitionsfrieden - und lässt alle Hintertüren offen.
Giorgos Sarantopoulos schneidet nicht nur Haare. Er versorgt seine Stammkunden auch mit Nachrichten über die Krise – vorausgesetzt, sie kommen noch.
Der griechische Finanzminister Venizelos muss sich in Brüssel viel Kritik am Fortgang der Sanierungsmaßnahmen anhören. Wird nicht nachgebessert, könnten die Zahlungen eingestellt werden.
Es soll der nächste Schritt aus der Schuldenkrise sein: Die Euroländer einigen sich auf den Krisenfonds ESM. 500 Milliarden Euro sind verfügbar, um klammen Ländern zu helfen – vorerst.
Die griechische Regierung veröffentlicht im Netz eine Liste mit den größten Steuerschuldnern. Es geht um 15 Milliarden Euro. Von dem Geld bekommt der Staat aber bestenfalls einen Teil.
Die Rettung Griechenlands schien ganz nah. Dann aber reiste der Chef des Internationalen Bankenverbands ab, die Verhandlungen gerieten ins Stocken.