taz.de -- Kommentar Afghanistan: Leichtes Spiel für Taliban
Die internationale Isaf-Truppe zieht alle Mitarbeiter aus den Institutionen Kabuls ab. Dabei ist die afghanische Regierung auf diesen Rückhalt angewiesen.
Nachdem am Wochenende zwei US-Militärberater im "sichersten" Gebäude Afghanistans, im Innenministerium, erschossen wurden, zieht die internationale Isaf-Truppe nun alle Mitarbeiter aus den afghanischen Institutionen Kabuls ab.
Das bedeutet das vorläufige Aus für die technische Unterstützung und Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte. Und einen Stopp des nachrichtendienstlichen Austausches. Die westliche Abzugsstrategie, der sogenannte Transitionsprozess, ist damit lahmgelegt.
Zwar betont Isaf, dass dies nur eine vorübergehende Maßnahme sei. Doch kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Vertrauen zwischen westlichen Militärs und den afghanischen Partnern zerrüttet ist. So lange die afghanischen Behörden kein verlässliches Konzept zum Schutz westlichen Personals entwickeln, wird die Zusammenarbeit nicht mehr funktionieren.
Die afghanische Bevölkerung ist nun endgültig enttäuscht von den westlichen Institutionen. Das Verbrennen des Korans im US-Militärstützpunkt Bagram hat nicht nur die Eliten entfremdet, die bisher mit dem Westen kooperierten, sondern die Zivilgesellschaft, die sich bislang vom Westen noch Unterstützung im Kampf gegen die korrupten Machthaber erhoffte.
Fundamentalistische Gruppen haben jetzt ein leichtes Spiel. Sie finden immer mehr Gehör bei einer frustrierten Bevölkerung. Die ist nicht mehr bereit, martialische Hausdurchsuchungen, Kollateralschäden und Vernachlässigung durch die eigene Regierung zu tolerieren.
Daher ist die afghanische Regierung dringend angewiesen auf den Rückhalt, den ihr die Isaf bietet. Noch hält die Mehrheit der Afghanen die Unterstützung des Westens für notwendig. Im Gegenzug ist der Westen angewiesen auf die afghanische Bevölkerung. Denn nur mit deren Kooperation gelingt es Isaf, die Truppen reibungslos aus Afghanistan abzuziehen. In diesen Tagen verlieren alle.
26 Feb 2012
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