taz.de -- Familienministerium und die Extremisten: SPD-Gründer als Linksextremist

Eine Broschüre sollte Schüler über linken Extremismus aufklären. Doch jetzt lehnt das Familienministerium die Verantwortung für das Werk ab.
Bild: Schrieb einst das Vorwort der umstrittenen Broschüre, will diese aber nicht weiter bewerten: Christina Schröder.

BERLIN taz | "Demokratie stärken – Linksextremismus verhindern" heißt eine Broschüre für Lehrer der Münchner Zeitbild-Stiftung, die in einer Auflage von 25.000 Stück gedruckt wurde und Schüler über den Extremismus von links aufklären soll. Allerdings haben die Macher offenbar einiges durcheinandergebracht, wie nicht nur SPD, Grüne und Linkspartei finden.

Als linksextremistische Medien werden in der 36-seitigen Broschüre nicht nur die Junge Welt, sondern auch das Neue Deutschland und die Jungle World bezeichnet – so weit geht nicht mal der Verfassungsschutz. Beiträge in diesen Medien hätten "zumeist die Aufgabe, die Leser zu einseitigem politischem Aktivismus zu ermuntern", findet die Zeitbild-Stiftung.

An anderer Stelle prangt zwischen einem Marx-Engels-Lenin-Banner und einem roten Stern ein Bild von Ferdinand Lassalle, einer der Gründungsväter der SPD. Auch er ein Linksextremist?

Familienministerin Kristina Schröder (CDU) ließ es sich nicht nehmen, ein Vorwort für die platte Broschüre zu schreiben. Man brauche "selbstbewusste Kinder und Jugendliche, die nicht auf diese Parolen hereinfallen", heißt es dort neben einem Foto von ihr. Gemeint sind die Parolen der Extremisten.

Nach heftiger Kritik will das Familienministerium nun aber lieber keine Verantwortung für das Heft übernehmen. "Der Inhalt der Broschüre liegt im Verantwortungsbereich der Zuwendungsempfängerin und wird von der Bundesregierung nicht bewertet", heißt es aus Berlin.

Insgesamt bekommt die Zeitbild-Stiftung rund 120.000 Euro an Zuwendungen aus dem Linksextremismus-Präventionsprogramm.

27 Feb 2012

AUTOREN

Wolf Schmidt

TAGS

Kristina Schröder

ARTIKEL ZUM THEMA

Kristina Schröder und Linksextremismus: Kritik zum Einsehen

Das Familienministerium hält einen kritischen Bericht über sein Linksextremismusprogramm weiter zurück. Die taz macht ihn nun in voller Länge öffentlich.

Familienministerium gegen Extremisten: Erst verstehen, dann vorbeugen

Dem Extremismus-Programm von Familienministerin Schröder fehlt die Wissenschaftlichkeit, doch das will ihr Ministerium nicht einsehen. Die Opposition fordert: abschaffen.

Programm gegen Linksextremismus: Extrem teuer, extrem erfolglos

In einem Zwischenbericht lässt das Deutsche Jugendinstitut kein gutes Haar an Schröders Programm gegen Linksextremismus. Kritik kommt auch von anderer Seite.

Kristina Schröder und der Linksextremismus: John Lennon? Nazis? Nicht zuständig!

Die SPD hatte Kristina Schröder gefragt, ob "Ton Steine Scherben" und John Lennon linksextremistisch seien. Nun antwortet ihr Ministerium und traut sich keine Einschätzung zu.

Kristina Schröder und Linksextremismus: Die Ministerin weiß von nichts

Das Familienministerium will nicht für die fragwürdige Extremismusbroschüre verantwortlich sein. Dabei finanzierte es die Broschüre mit 120.000 Euro.

Familienministerin und "Jungle World": Schröders Flirt mit Linksradikalen

Wie Kristina Schröder einmal einer Zeitung ein Interview gab, die sie als linksextrem bekämpft wissen will. Und welches Geheimnis sie bislang verborgen hielt.