taz.de -- Streit der Woche: „Putins Mehrheit wird diffamiert“

Ist Putin der Richtige für Russland? Klar, sagt die frühere ARD-Korrespondentin Krone-Schmalz. Und verteidigt ihn gegen Kritiker aus dem Westen.
Bild: Abhängen lässt sich Putin in Russland nicht so einfach.

Die frühere ARD-Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz macht sich für den russischen Präsident Wladimir Putin stark. Er sei der richtige für das heutige Russland, schreibt Krone-Schmalz in einem Beitrag für den „Streit der Woche“ der sonntaz. Die Mehrheit im Land wolle, dass der bisherige Regierungschef wieder Präsident wird. „Diese Mehrheit zu ignorieren oder gleich zu diffamieren – das ist eine Haltung, die ich als Bürger und Journalist ablehne.“

Am Sonntag findet in Russland die Präsidentschaftswahl statt. Putin hat vier Gegenkandidaten, seine Wahl gilt aber als sicher. Damit würde er, der bereits zwei Amtszeiten als Präsident von 2000 bis 2008 bekleidete, zum dritten Mal zum Kremlchef gewählt.

Krone-Schmalz berichtete zur Ende der Achzigerjahre und damit zur Zeit des Umbruchs aus Moskau. Seit kurzem lehrt die 62-Jährige als Professorin an einer Privatuniversität in Iserlohn.

„Hätte die westliche Welt Putin in seiner ersten Amtszeit als hochmotivierten Realpolitiker ernstgenommen, statt in ihm nur den KGB Mann zu sehen, dem man nichts glauben kann, würden wir heute wohl nicht über eine dritte Amtszeit reden“, kritisiert sie.

Dagegen hält die Grünen-Politikerin Marieluise Beck: Sie findet, „dass das 'System Putin' die Entwicklung des Landes hin zu einem demokratischen Gemeinwesen verhindert.“ Für die kommende Wahl habe Putin vorgesorgt, schreibt sie in der sonntaz: Unabhängige Kandidaten wurden von der Wahl ausgeschlossen und kritischen Medien werde die Luft abgeschnürt.

Alexander Rahr, Russlandexperte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik erinnert an die Worte von Michail Chodorkowskis, der meinte, Wladimir Putin sei liberaler als achtzig Prozent der russischen

Bevölkerung. Bei absolut freien Wahlen würde die Mehrheit der Russen einen Kommunisten oder Nationalisten wählen, Eine schwache Führungsspitze hält taz.de-Leser Heiko Jörges für gefährlich und möchte keine unberechenbaren Gestalten mir Finger am roten Knopf des Atomwaffenarsenals.

Im „Streit der Woche“ kommentieren außerdem Cornelius Ochmann, Osteuropa-Experte der Bertelsmann-Stiftung und die Soziologin Olga Tsepilova Beiträge die Frage "Ist Putin der Richtige für Russland?".

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3 Mar 2012

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