taz.de -- Schutz beim Radfahren: Der Helm bleibt freiwillig

Die Bundesregierung führt die Helmpflicht für Radfahrer auf absehbare Zeit nicht ein. Verkehrsminister Ramsauer hatte die Idee mehrfach ins Gespräch gebracht.
Bild: Vielleicht ganz schlau, aber kein Zwang: Radfahren mit Helm.

BERLIN taz | Eine Helmpflicht für Radfahrer wird es auf absehbare Zeit nicht geben, obwohl Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) diese mehrfach ins Gespräch gebracht hat. Das geht aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die der taz vorliegt. „Die Bundesregierung beabsichtigt derzeit nicht, eine Helmpflicht für Fahrradfahrerinnen und -fahrer einzuführen“, heißt es darin. Fahrradverbände lehnen eine Helmpflicht vehement ab, da diese viele Menschen im Alltag abschrecken könnte, aufs Rad zu steigen.

Bevor über die Einführung einer Helmpflicht nachgedacht wird, möchte die Bundesregierung erst einmal die auf mehrere Jahre angelegte Werbeaktion „Ich trage Helm“ auswerten, wie aus dem Schreiben weiter hervorgeht. Im Jahr 2011 trugen 11 Prozent aller Radler einen Schutzhelm; bei den sechs bis zehn Jahre alten Kindern waren es 56 Prozent.

Auch eine Warnwestenpflicht für Radler rückt in weite Ferne. Auffällige Leuchtwesten könnten die Sichtbarkeit erhöhen, heißt es. „Allerdings wird eine verpflichtende Regelung angesichts der Sorge, dass sich viele Radfahrerinnen und Radfahrer bevormundet fühlen, für unverhältnismäßig gehalten.“

Insgesamt leben Radler weniger gefährlich als oft angenommen – ihr Unfallrisiko sinkt. Verunglückten im Jahr 2003 noch rund 76.000 Radfahrer in Deutschland, waren es im Jahr 2010 knapp 66.000 – trotz Zunahme des Radverkehrs. Im selben Zeitraum sank die Zahl der getöteten Radler von 616 auf 381.

Regelübertritte „ausgeprägt“

Allerdings sind die Erkenntnisse über Radunfälle lückenhaft, da nicht alle – vor allem die sogenannten Alleinunfälle – registriert werden. In einer groß angelegten Studie lässt deshalb die Bundesanstalt für Straßenwesen ab dem Sommer alle Unfälle in einem repräsentativen Ausschnitt Deutschlands untersuchen, bei denen Radler in Folge des Unfalls in einer Klinik behandelt wurden. So geraten auch die Unfälle in den Blick, bei denen die Polizei nicht gerufen wurde.

Problematisch sieht die Bundesregierung die Regelakzeptanz von Radlern. Vor allem in den mittleren Altersgruppen sei Fehlverhalten verbreitet. Dieses beruhe auf einem „ausgeprägten Bewusstsein für Regelübertritte“.

Diesen Trend scheinen auch Zahlen der Flensburger Verkehrssünderkartei zu bestätigen. Demnach wurden 2011 rund 40.600 Verstöße von Radlern in Flensburg registriert; zwei Jahre zuvor waren es mit knapp 38.000 deutlich weniger. Unklar ist allerdings, ob es wirklich mehr Verstöße gab – oder ob nur mehr kontrolliert wurde.

Der Grünen-Verkehrsexperte Stephan Kühn wirft Ramsauer Stimmungsmache gegen Radler vor. „Radfahrer und Fußgänger sind keine Störfaktoren im Straßenverkehr, sondern gleichberechtigte Partner.“ Häufig würden Radler erst wegen der mangelnden Infrastruktur zu Regelverstößen genötigt. Die Zunahme von Regelverstößen betreffe alle Verkehrsteilnehmer. Daher brauche man häufigere Kontrollen, vor allem an Kreuzungen.

7 Mar 2012

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Richard Rother

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