taz.de -- NPD-Mann für Bundespräsidentenwahl: Der braune Kandidat

Die NPD will Olaf Rose als Bundespräsidenten. Früher wäre er links gewesen, sagt der akademische Nazi. Heute engagiert er sich für die Idee der "nationalen Souveränität".
Bild: Als höflich gilt der Historiker: Jetzt will ihn die NPD als Bundespräsidenten.

Im Landtag von Sachsen tritt er freundlich zurückhaltend auf. Die allgemeine Öffentlichkeit sucht der Mittfünfziger mit hoher Stirn und kantiger Brille selten. In der Kantine des Landtages ist Dr. Olaf Rose am Tisch der NPD aber meist Wortführer.

Seit 2006 ist er parlamentarischer Berater der NPD-Landtagsfraktion, nun hat seine Partei ihn als ihren Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl nominiert. „Weder der Transatlantiker Joachim Gauck noch die Antideutsche Beate Klarsfeld sind dazu geeignet, eine Position der Souveränität gegenüber der EU zu vertreten“, begründet Holger Apfel, NPD-Bundesvorsitzender und Fraktionschef in Sachsen, den Wahlvorschlag.

In einem schriftlichen Statement legt Rose dar, dass eine „herrschende politische Klasse“ Deutschland in einen „europäischen Bundesstaat“ auflöse. Eine „starke Stimme“ für eine „nationale Souveränität“ sei nötig, schreibt Rose, der 1992 an der damaligen Universität der Bundeswehr in Hamburg promovierte.

Hat er sich damals noch als links verortet? Früher war er es, schreibt er, der in Pirna für die NPD im Stadtrat sitzt. 1986 hat er zusammen mit linken Autoren an einem Sammelband „Die wilden Zwanziger“ mitgewirkt.

Die Frage wollte der redegewandte Rose der taz am Dienstag aber nicht beantworten. „Gegenüber der taz ist Herr Rose zu keiner Stellungnahme bereit“, ließ der NPD-Fraktionspressesprecher wissen. Ein Grund könnte neun Jahre zurückliegen. Damals arbeitete Rose als Stadtarchivar für die Kommunen Herdecke und Herne und schrieb die NS-Geschichte schön. Die Zahl der Zwangsarbeiter in der Region rechnete er von 30.000 auf 9.000 Betroffene herunter.

Als die taz 2003 berichtete, wurde sein Vertrag nicht verlängert. In dem Statement legt Rose dar, dass gerade die „Deutschenfeindlichkeit“ und die intensive Auseinandersetzung mit der „eigenen Geschichte“ ihn motivierte, sich für die „Ideen der Nationaldemokratie“ zu engagieren.

Aus dem intellektuellen Milieu der Szene ging er bewusst zur NPD, um deren Argumentationen moderater und moderner zu machen. Ein Dauerthema des Historikers: Rudolf Heß, dessen Selbstmord er anzweifelt.

Auf seiner Website heißt es zum Tod von Heß 1987 im Kriegsverbrechergefängnis Berlin-Spandau, dass sein Pfleger die „Mörder über der Leiche“ antraf. Solch eine Geschichtsschreibung brachte dem Akademiker auch in der militanten Szene großen Zuspruch.

7 Mar 2012

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Andreas Speit

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