taz.de -- Sicherheit in Afghanistan: Karsai will Nato-Abzug schon 2013

Geht es nach dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, wird die Nato ein Jahr früher als geplant abziehen – also schon 2013. Die Taliban setzen indes ihre Gespräche mit den USA aus.
Bild: Nicht mehr erwünscht: US-Soldaten in Afghanistan.

KABUL dpa | Der afghanische Präsident Hamid Karsai will die Verantwortung für die Sicherheit in seinem Land von der Nato bereits ein Jahr früher als geplant übernehmen. „Beide Seiten müssen dabei zusammenarbeiten, den Übergabeprozess von den internationalen Truppen zu den afghanischen Kräften 2013 statt 2014 abzuschließen“, teilte Karsai am Donnerstag mit.

Karsai forderte nach einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Leon Panetta in Kabul außerdem einen Rückzug aller ausländischen Soldaten aus den Dörfern in ihre Stützpunkte. Erst vor wenigen Tagen hatte ein amerikanischer Soldat bei einem Amoklauf in einem afghanischen Dorf 16 Zivilisten getötet.

Die Taliban setzen unterdessen nach eigenen Angaben ihre Gespräche mit der US-Regierung im Golf-Emirat Katar aus. In einer im Internet veröffentlichten Mitteilung hieß es, das Islamische Emirat habe diese Entscheidung getroffen, weil die bisherigen Gespräche „Zeitverschwendung“ gewesen seien. Die USA zeigten keinen Willen, Abmachungen zu erfüllen. Ihr „wackliger, erratischer und vager Standpunkt“ sei verantwortlich für die Aussetzung.

Die USA und die Taliban hatten über einen Austausch von Gefangenen als eine Art vertrauensbildende Maßnahme für mögliche weitergehende Friedensgespräche verhandelt. Aus den USA hat es aber Widerstand gegen die Freilassung von fünf Aufständischen aus dem Gefangenenlager Guantanamo gegeben. Die Taliban haben seit längerem einen US-Soldaten in ihrer Gewalt, den sie dem Vernehmen nach austauschen wollten.

15 Mar 2012

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