taz.de -- Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen: Röttgen an den Rhein gedrängt

Der CDU-Spitzenkandidat Röttgen soll auch im Fall einer Niederlage in Nordrhein-Westfalen in die Landespolitik wechseln, fordern Parteifreunde. Er selbst schweigt.
Bild: Gilt als eingemauert: Umweltminister Röttgen.

BERLIN taz | Eigentlich hatte sich Norbert Röttgen das alles so schön ausgemalt. Er tritt in Nordrhein-Westfalen als Spitzenkandidat der CDU an und kann nichts verlieren. Denn entweder er wird im Fall eines Wahlsiegs mit einem Schlag der mächtigste Mann in der Union hinter Angela Merkel. Oder er kehrt als Umweltminister ins Bundeskabinett zurück, als sei nichts geschehen. Doch nun wächst der Druck auf Röttgen.

Besonders in den eigenen Reihen erwartet man eine Erklärung, was im Fall einer Niederlage passieren würde: „Die Konsequenz seiner Spitzenkandidatur ist, dass er auch als Oppositionsführer nach Düsseldorf gehen müsste“, sagt der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Axel Fischer. „Das ist völlig logisch.“ Auf eine Festlegung zu verzichten, kritisiert Fischer: „Das kommt bei den Wählern in Nordrhein-Westfalen nicht gut an.“

Am Freitag gab es fast halbstündlich neue Meldungen, wer ebenfalls diese Ansicht vertrete. Den Anfang machte CSU-Chef Horst Seehofer, es folgten diverse Unions-Bundestagsabgeordnete, schließlich auch noch FDP-Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr. Der hatte selbst gerade auf die Spitzenkandidatur verzichtet und sogar angekündigt, den Landesvorsitz an Comeback-Mann Christian Lindner abzugeben.

Mit Verwunderung konnte man am Freitag ebenso beobachten, dass sich lange Zeit niemand fand, der Röttgen beispringen wollte. Auch die Sympathisanten von Röttgens schwarz-grüner Politiklinie schwiegen – kein gutes Zeichen für den Mann, der sich so gern als Merkels Kronprinz sieht. Hinter den Kulissen scheint das Urteil über Röttgen in der Union gefällt: „Wenn er keine klare Aussage machen würde, verschlechtert das seine Wahlchancen“, heißt es in Fraktionskreisen. Röttgen gilt mittlerweile als „eingemauert“.

Ermutigend für den in die Enge Geratenen dürfte auch der karge Satz der Kanzlerin nicht gewesen sein: Sie werde mit Röttgen selbst besprechen, wie er seine Rolle als Spitzenkandidat „am allerbesten ausfüllen kann“, sagte Merkel. Ihre Antwort auf die Frage scheint eindeutig: mit vollem Einsatz in Düsseldorf.

Röttgen selbst schwieg zunächst. Er müsse sich ja auch nicht sofort erklären, spekuliert man nun in der Union. Sondern zu einem guten Zeitpunkt als Teil einer Wahlkampfchoreografie. Einig war man sich nur in einer Sache: Hauptsache, er tut es.

16 Mar 2012

AUTOREN

Repinski

ARTIKEL ZUM THEMA

Landtagswahl in NRW: Röttgens verpennter Wahlkampfauftakt

Norbert Röttgen stolpert durch den Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen: Er kommt zu spät zum Parteitag und muss zuvor den Aufstand seines eigenen Bezirks niederkämpfen.

Wahl des CDU-Spitzenkandidaten in NRW: Mittelrhein fühlt sich vernachlässigt

Am Mittwoch soll Norbert Röttgen zum CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gewählt werden. Doch der Parteibezirk Mittelrhein ruft zum Boykott auf.

Röttgen will bei Niederlage nicht nach NRW: Wer wechselt – verliert

Norbert Röttgen will zwar gern NRW-Ministerpräsident werden, bei einer Niederlage aber Chef des Bundesumweltministeriums in Berlin bleiben. Die Idee stößt auf wenig Gegenliebe.

Die Grünen vor der Neuwahl in NRW: „Unser Ziel ist klar Rot-Grün“

Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen über das Verhältnis der Grünen zur SPD und zur übrigen Konkurrenz. Und warum die Grünen in der Netzpoltik „durchdachter“ sind als die Piraten.

NRW-FDP nominiert Ex-Generalsekretär: Lindner ist wieder da

Schnell abgetreten, schnell wieder da: Die FDP in Nordrhein-Westfalen geht mit dem früheren Generalsekretär Christian Lindner als Spitzenkandidaten in den Wahlkampf.

Röttgen bleibt wohl Minister: Realitätsverweigerer mit Siegerimage

Der Frage, ob er auch als Oppositionsführer nach NRW ginge, weicht Röttgen aus. Einst hat er es bei der Kampfkandidatur um den Landesvorsitz versprochen.