taz.de -- Flughafen Schönefeld: Wenn der Lärmberater klingelt

Ein Team des Flughafens soll Anwohner zu Schallschutzmaßnahmen beraten. Initiativen kritisieren jedoch, das Konzept komme spät - und gehe am Problem vorbei.
Bild: Viele Anwohner haben Angst vor dem Fluglärm

Im Streit um den Fluglärm geht der Flughafen nun in die Offensive: Um die bisher schleppend anlaufenden Schallschutzmaßnahmen für Anwohner besser umzusetzen, wurde eine Task-Force ins Leben gerufen. Diese soll Anwohner künftig dabei unterstützen, Schallschutzfenster und Isolierungen zu beantragen. Anwohner-Initiativen lehnen das Projekt jedoch als „Augenwischerei“ ab. Die Landesregierung Brandenburg streitet sich derweil mit dem Flughafen darüber, welche Schallschutzregeln überhaupt zu gelten haben.

75 Tage vor der Eröffnung des neuen Großflughafens im Juni sind erst bei rund 1.200 Betroffenen Schallschutzfenster eingebaut, weitere 4.000 haben Unternehmen mit den Baumaßnahmen beauftragt. Dass das bei über 25.000 Berechtigten zu wenig ist, räumt auch die Flughafengesellschaft ein. „Wir waren bisher zu technokratisch“, sagte Flughafer-Sprecher Ralf Kunkel der taz. Der Flughafen habe einen „Kurswechsel“ verzogen: Der neue Schallschutzbeauftragte Peter Lehmann ist direkt der Geschäftsführung unterstellt. Ein „Team Schallschutz“, bestehend aus drei Mitarbeitern, kümmert sich jetzt um die Kommunikation mit den Bürgern.

Das Angebot richtet sich vor allem an jene rund 10.000 Betroffenen, die zwar Schallschutz beantragt, den Vereinbarungen zur Kostenerstattung von Seiten des Flughafens aber bisher nicht zugestimmt haben. Das Team Schallschutz soll diese Betroffenen nun persönlich kontaktieren, um sie „möglichst unbürokratisch“ dabei zu unterstützen, bald Schallschutz eingebaut zu bekommen. „Unsere Erfahrung zeigt, dass es oft an simplen Fragen hängt, die sich leicht klären lassen“, so Sprecher Kunkel.

„Es geht hier nicht um ein Kommunkations-Problem“, sagt hingegen Christine Dorn vom Bündnis Südost. Der Flughafen lege den Bürgern Verträge vor, in denen sie mit Annahme der Kostenübernahme einwilligen, auf weitere Ansprüche zu verzichten. Das halte sie für Betrug. Der Flughafen vertedigt sich: Die Klausel beziehe sich nur auf das jetzige Schallschutzprogramm. Sollten sich Flugrouten oder die erwartete Lärmbelastung ändern, hätten die Anwohner das Recht auf weitere Schutzmaßnahmen. Als „Kriegserklärung“ an die betroffenen Bürger empfindet es Dorn darüberhinaus, dass die Flughafengesellschaft kürzlich angekündigt hat, die Lärm-Belastungsgrenze von 55 Dezibel könne bis zu sechs Mal täglich überschritten werden – obwohl ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts festlegt, dass diese Grenze gar nicht überschritten werden dürfe. Die Flughafengesellschaft argumentiert, die Vorgaben ließen verschieden strenge Interpretationen zu.

Um diese Frage bahnt sich bereits ein Konflikt zwischen dem Flughafen und dem Land Brandenburg an. Der Beschluss gebe „klare Grenzen“ vor, heißt es aus dem Brandenburger Verkehrsministerium. Der Flughafen kündigte an, er werde demnächst einen Antrag auf Klarstellung einreichen. Ein Ergebnis bis zur Eröffnung sei jedoch unrealistisch. Die Überschreitung der Lärmgrenze spiele ohnehin erst ab 2015 eine Rolle, da die Auslastung in den ersten Jahren geringer sei. Solange will der Brandenburger Landtag nicht warten: Am Donnerstag soll der Umgang mit der Flughafengesellschaft Thema im Plenum sein.

19 Mar 2012

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Juliane Schumacher
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