taz.de -- Kurskorrektur bei der Deutschen Bank: Weniger Nahrungsmittelspekulationen

Die Deutsche Bank hat auf die Kritik von Verbraucherschützern reagiert. 2012 sollen keine neuen Papiere aufgelegt werden, die auf dem Handel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen basieren.
Bild: Weizen: Nahrungsmittel und Spekulationsobjekt.

FRANKFURT/MAIN rtr | Die Deutsche Bank will sich bei Spekulationen mit Nahrungsmittelrohstoffen zurückhalten. In ihrem „Corporate Responsibility Report“ kündigte Deutschlands größte Bank am Dienstag an, im laufenden Jahr keine neuen, an der Börse gehandelten Anlageprodukte zu emittieren, die auf dem Handel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen wie Getreide oder auf Wetten auf die Preisentwicklung von Grundnahrungsmitteln basierten.

Die Deutsche Bank reagiert damit auf die Kritik von Verbraucherschützern. Die Organisation „[1][Foodwatch]“ hatte ihr eine Mitschuld am weltweiten Hunger gegeben, weil Spekulation die Preise für Nahrungsmittel auch in armen Ländern nach oben treibe.

Einen vollständigen Ausstieg aus der Agrar-Spekulation lehnt die Deutsche Bank bisher ab. Die Entscheidung sei aber nur ein Zwischenstand der Analyse, die der scheidende Vorstandschef Josef Ackermann im Oktober angestoßen hatte. Ein finaler Bericht soll noch in diesem Jahr veröffentlicht werden.

„Mit Besorgnis verfolgt auch die Deutsche Bank, dass immer wieder Menschen unter Nahrungsmittelknappheit leiden müssen“, hieß es in dem Zwischenbericht. Doch stritten sich die Experten, ob wirklich die Spekulanten Schuld an teureren Nahrungsmitteln hätten.

„Unsere Analyse zeigt, dass die steigenden Preise für landwirtschaftliche Rohstoffe vor allem Folge einer steigenden Nachfrage sind, mit der das Angebot nicht Schritt halten kann.“ Das wiederum liege am Bevölkerungswachstum in der Dritten Welt, steigenden Einkommen und der Nutzung der Anbauflächen für Bio-Treibstoffe.

Die Deutsche Bank verteidigte grundsätzlich den Handel mit Derivaten auf Getreide und anderen Pflanzen für die Produktion von Nahrungsmitteln. Er ermögliche die Absicherung von Preisen und reduziere Preisschwankungen. Das schaffe auch Sicherheit für längerfristige Investitionen in Infrastruktur und Anbau-Technik. Die Bank unterstütze aber Bemühungen der größten 20 Industrie- und Schwellenländer, den Handel stärker zu regulieren und für mehr Transparenz am Markt zu sorgen.

20 Mar 2012

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[1] http://www.foodwatch.de/

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