taz.de -- Klimaschutz auf See: Sondermaßnahme für Schiffe
Norddeutsche Handelskammern warnen EU vor Extrawurst bei der CO2-Reduktion in der Schifffahrt. Es dürfe nicht zu Verkehrsverlagerungen kommen.
HAMBURG taz | Vor einseitigen Klimaschutzauflagen für die europäische Schifffahrt hat die Arbeitsgemeinschaft norddeutscher Industrie- und Handelskammern (IHK Nord) am Dienstag gewarnt. Auf die Europäische Union (EU) begrenzte Sonderauflagen würden die europäische Seeschifffahrt im weltweiten Wettbewerb benachteiligen, schrieben die 13 IHKs an die EU-Kommission in Brüssel. „Bei regionaler Anwendung führen auch marktbasierte Instrumente zu Wettbewerbsnachteilen der betroffenen Region“, warnte Klaus-Hinrich Vater, der Vorsitzende der IHK Nord.
Die EU-Kommission hat ebenfalls am Dienstag ein Konsultationsverfahren abgeschlossen, mit dem sie herausfinden möchte, auf welchem Wege sich der Kohlendioxid(CO2)-Ausstoß der Schifffahrt am besten verringern ließe. Seit Januar konnten interessierte Akteure dazu ihre Ideen vorbringen. Sie reichen von einem ökologischen Ausgleichsfonds über eine Besteuerung bis hin zu Emissionsobergrenzen.
Wird über die Umweltbelastung durch Schiffe gesprochen, ist in der Regel davon die Rede, dass deren Maschinen unverhältnismäßig viele Stickoxide und Schwefeldioxid in die Luft blasen, was die Gesundheit der Meeresanrainer gefährdet. Doch auch zum Treibhauseffekt trägt die Schifffahrt ihren Teil bei. Gut drei Prozent der jährlichen CO2-Emissionen gehen auf ihr Konto. Im Jahr 2050 könnten es sechs Prozent sein, befürchtet die EU-Kommission.
Um gegenzusteuern und ihre allgemeinen Klimaschutzziele zu erreichen, will die EU die Emissionen des Schiffsverkehrs verringern. Vor dem Klimagipfel in Kopenhagen 2009 strebte die EU an, den CO2-Ausstoß der Schiffe 2020 gegenüber 2005 um 20 Prozent zu senken. In ihrem Weißbuch Verkehr peilt sie bis 2050 eine Verringerung um 40 bis 50 Prozent an.
Am liebsten wäre es der EU gewesen, wenn sie die nötigen Mechanismen weltweit hätte durchsetzen können, etwa durch Regeln bei der Internationalen Schifffahrtsorganisation (Imo). Für den Fall, dass bis Ende 2011 kein internationales Abkommen geschlossen werden sollte, kündigte die EU-Kommission einen Alleingang an.
Bei der jetzt abgeschlossenen Konsultation haben sich nach Informationen der IHK Nord vier mögliche Wege zur Emissionsverminderung herauskristallisiert. Dazu gehört ein Ausgleichsfonds, in den die Reeder eine CO2-Abgabe bezahlen müssten. Mit dem Geld würden dann Umweltprojekte finanziert. Dieses Modell gefällt dem Bund Deutscher Reeder.
Es wäre auch möglich, den Treibstoff nach dem Maß seiner Umweltschädlichkeit und CO2-Trächtigkeit zu besteuern oder gleich Obergrenzen für den CO2-Ausstoß festzulegen. Eine solche Vorschrift gibt es bereits für den Schwefelgehalt des Treiböls von Schiffen in der Ostsee.
Den Schiffstreibstoff in den Handel mit CO2-Emissionsrechten einzubeziehen, halten die Reeder nicht für sinnvoll. Die IHK Nord pocht darauf, dass die Emissionen wenn, dann weltweit gehandelt werden müssten.
12 Apr 2012
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