taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Dem Herrn Axel den Arsch lecken

Springer hat Geburtstag, und die Sonder-Briefmarke schafft unangenehme Assoziationen. Und hat Jakob Augstein eigentlich einen Zwillingsbruder?

Hallo, taz-Medienredaktion! Manchmal sind es die süßen Dingelchen, derentwegen sich der Kauf dieser tapferen Zeitung lohnt. Am 13. April konnte ich auf dieser Seite lesen, dass Springer-Vorstand Mathias Döpfner Verlagsgründer Axel Springer, der dieser Tage angeblich 100 Jahre alt würde, mit einer Briefmarke vergleicht. Auch er „blieb dran, bis zum Ziel“.

Dummerweise gehöre ich zu denjenigen, bei denen beim Denken automatisch die Fantasie anspringt. Und nun werde ich die Bilder nicht mehr los: Speichellecker. Überall Speichellecker, die seinerzeit dem Herrn Axel mit der Zunge den Arsch strichen und deren Sabberfäden ein Konzern umspannendes Netz bildeten, an dem alles kleben bleib, das sich nicht mit „Anti-Springer“ eingedieselt hatte. Es scheint, ich brauche eine Briefmarken-Trauma-Therapie.

Warum, wirst Du dich fragen, schreibe ich „angeblich“? Nun, liebe Medienredaktion, ich bin da vorsichtig geworden. Vor allem Frauen, die viele Jahre so alt waren wie ich, sind in der Presse plötzlich jünger. Während ich tapfer die Jahre zähle, rechnen die einfach minus. Ich gehe also davon aus, dass, wie so viele eitle Menschen, sich auch Axel Springer beizeiten verjüngt hat und tatsächlich 107 oder so würde, hätte er nicht geschummelt.

Unternehmertum für den Arsch

Leider, leider ist auch im Hause Springer auf nix mehr Verlass. Nicht mal auf den Leser, der die Bild einfach nicht mehr kaufen will. Selbst jetzt nicht, wo die Zeitung weniger bietet und die Tittentante von der Seite eins verbannt hat. Damit das nicht an den Rekordumsätzen des Verlags nagt, setzt man nun auf die Kraft der vier Buchstaben. Bild kümmert sich jetzt um den Popo und bringt bei C&A eine Jeans-Kollektion heraus. Unternehmertum für den Arsch, quasi.

Sag mal, Medienredaktion, kennst du das, dass du dich fragst, wie macht der das?! Oder die?! Dass du aus deinem vollgestopften Leben heraus auf das eines anderen schaust und nicht weißt, wie der das alles hinbekommt? Weil er siebenmal so viel schafft wie du? Sonntagabend war es wieder so weit. Günther Jauch hatte ein Thema zu fassen, das alle anderen schon längst begraben hatten, Günter Grass, und der Kollege Jakob Augstein wippelte so energetisch mit dem Fuß, als hätte er wie Natascha Kampusch über Jahre darauf gewartet, das Nichtstun zu beenden und auch mal was zu sagen.

Augstein, der am Montagmorgen seine Spiegel-Online-Kolumne liefern muss. Der die Wochenzeitung Freitag herausgibt, vor Kurzem in der Funkkorrespondenz einen hochgelobten Aufsatz über Verlagsjammerer veröffentlichte, sonst wo schreibt, wenn es wichtig ist, und immer klug, versteht sich. Der drei Kinder hat, von denen die Öffentlichkeit weiß, um die er sich angeblich begeistert kümmert, der das Gärtnern als Zeitvertreib für sich entdeckt hat, das ihn aber so wenig ausfüllt, dass er noch über genügend Stunden der Muße verfügt, ein Buch darüber zu schreiben.

Der ständig auf irgendwelchen Pannels sitzt, eine Fernsehsendung hat und nebenbei Preise entgegennimmt oder vergibt. Ich würde gern wissen, wie der das macht. Muss der nicht schlafen? Oder hat er vielleicht einen Zwillingsbruder? Vorstellbar wäre das bei der Familie absolut.

Schließlich stellte sich vor ein paar Jahren heraus, dass gar nicht Rudolf Augstein sein Vater ist, sondern Martin Walser. Was so ähnlich ist wie festzustellen, dass man nicht von Tom Jones abstammt, sondern von Harry Belafonte. Sollte einen doch nicht wundern, wenn da jahrelang in einer Schweizer Villa ein Zwilling im Schrank versteckt war. Was auch den Kampusch-Eindruck erklären würde. Total neidisch zurück nach Berlin!

17 Apr 2012

AUTOREN

Silke Burmester

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Jakob Augstein

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