taz.de -- VW-Aufsichtsrätin Ursula Piëch: Jetzt sitzt sie am Lenker
Vom Kindermädchen in die Liga der einflussreichsten Frauen in Wirtschaft und Gesellschaft: Die Österreicherin Ursula Piëch soll in den Aufsichtsrat von VW.
Heute gibt es elite.de, die Internetpartnersuche für „Akademiker und Singles mit Niveau“. Früher schaltete man Inserate: „Gouvernante gesucht“. Wenn man ganz großes Glück hat, klappt das: Ich heirate einen Millionär. Ursula Piëch hatte Glück. Heute soll die 55-Jährige in den Aufsichtsrat von Europas größtem Automobilbauer VW berufen werden.
Damit ist die Österreicherin eine der einflussreichsten Frauen in Wirtschaft und Gesellschaft. Als Ursula Piëch noch Plasser hieß, antwortete sie auf eine Stellenanzeige, mit der ein Kindermädchen gesucht wurde – und landete im Hause Piëch. Ein Weihnachtsurlaub mit der Familie, ein paar verwegene Blicke und die Liebesgeschichte mit Ferdinand Piëch, dem heute mächtigsten Anteilseigner und Chefkontrolleur bei VW, nahm ihren Anfang. Seit 1984 sind die beiden miteinander verheiratet, sie haben drei Kinder.
Dass für „Uschi“, wie der Unternehmer seine Frau nennt, Gattin kein Beruf ist, machte sie in der Vergangenheit klar. In der VW-Belegschaft gilt sie als Chefin mit „hoher sozialer Kompetenz“, bei Familienstreitigkeiten soll sie als Mediatorin auftreten. VW-Chef Martin Winterkorn hält sie für „kompetent und unternehmerisch denkend“.
Ferdinand Piëch, der am Dienstag 75 wurde, hat sich von den Qualitäten seiner Ehefrau frühzeitig selbst überzeugt – in einem VW. Er habe sie in einen Iltis gesetzt, schreibt er in seiner Autobiografie, und mit ihr Anfahren am Berg geübt. Für FahranfängerInnen ein Albtraum. Ursula soll den Motor einige Male abgewürgt haben, aber dann kriegte sie es hin. Und Ferdinand hatte „so irgendein Gefühl“.
Vor zwei Jahren hat der Patriarch das Firmenvermögen in zwei Stiftungen anlegen lassen und eine Stellvertreterin ernannt: seine Frau.
19 Apr 2012
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Audi übernimmt den italienischen Motorradhersteller Ducati. Weiterhin bekommt die VW-Tochter bekommt auch ein eigenes Werk in Mexiko. Dort soll ein SUV gebaut werden.
Am Donnerstag soll Ursula Piëch, die Ehefrau von Ferdinand Piëch, in den Aufsichtsrat von VW gewählt werden. Elitenforscher Michael Hartmann über Aufstieg durch Heirat und Erbe.
Der Aufstieg der Ursula Piëch erinnert ihre Geschlechtsgenossinnen daran, warum eine Frauenquote in den Unternehmen so dringend nötig ist.
Vier Frauen aus einfachen Verhältnissen haben es in die Aufsichtsräte großer Unternehmen geschafft – als Nachfolgerinnen ihrer Ehemänner. Jetzt neu: auch bei VW.
Der Wolfsburger VW-Konzern verkauft so viele Fahrzeuge wie nie zuvor. Und macht damit riesige Gewinne. Die Modellpalette soll ökologischer werden – in Europa.