taz.de -- Neue Widersprüche bei Google Street View: Fragwürdige Teamarbeit

Es war ein Google-Mitarbeiter: US-Ermittlungen ergeben, dass die Software von Google Street View bewusst zum Mitschneiden aller WLAN-Daten programmiert worden sein soll.
Bild: Nichts entgeht ihrem Blick: Diie Kamera von Google Street View

NEW YORK dpa | Die amerikanische Telekom-Behörde FCC hat im Laufe ihrer Untersuchungen zu den WLAN-Mitschnitten durch Googles Street-View-Autos neue Fragen aufgeworfen. Die Software dafür wurde offenbar bewusst von einem einzelnen Google-Mitarbeiter geschrieben. Er habe gedacht, dass mit Hilfe von Informationen wie zum Beispiel Suchanfragen möglicherweise die Internet-Suche verbessert werden könne, geht aus dem am Wochenende aus dem von Google offengelegten FCC-Bericht hervor. Bisher ging man davon aus, dass die Daten durch einen Fehler im Software-Code abgegriffen wurden.

Die Kameraautos, die Aufnahmen für den Google-Straßenatlas Street View machten, registrierten auch die Position von WLAN-Stationen, um später den Google-Anwendern eine genauere Ortung zu ermöglichen. Dabei fing die Software allerdings von 2008 bis 2010 auch unverschlüsselte Informationen aus diesen Netzen selbst ab. Google sprach zunächst von einem Versehen, bei dem nur Datensplitter gespeichert worden seien. Bei einer ausführlichen Prüfung wurden aber teilweise auch E-Mails und andere Inhalte in den gespeicherten Daten gefunden.

Nach Erkenntnissen der FCC soll der Software-Entwickler sich auch mindestens einmal gesammelte Daten angesehen haben, um nach oft besuchten Websites Ausschau zu halten. Erst als ihm ein Mitarbeiter des Suchmaschinen-Bereichs gesagt habe, solche Informationen hätten für Google keinen Wert, habe er die Idee aufgegeben.

Der Bericht wirft vor allem die Frage auf, wie es passieren konnte, dass ein einzelner Mitarbeiter unbehelligt seine streitbare Idee umsetzte, ohne dass irgendwo im Konzern die Alarmglocken läuteten. Der Software-Entwickler soll demnach zwei weiteren Mitarbeitern - darunter auch einem Verantwortlichen - von seinem Plan berichtet haben. Zudem habe er 2006 eine E-Mail an das gesamte Street-View-Team geschickt, in der seine Pläne erläutert wurden. Keiner konnte sich mehr daran erinnern, diese Information wahrgenommen zu haben.

Der betroffene Software-Entwickler selbst verweigerte eine Aussage in der FCC-Untersuchung, um sich nicht zu belasten. Er gehörte dem Bericht zufolge nicht zum Street-View-Team, sonder arbeitete nur nebenbei daran mit. Jeder habe die Software verändern können, ohne Rechenschaft darüber abzulegen, hieß es. Einem Software-Experten, der 2007 den Code der Street-View-Software auf Fehler prüfte, fiel demnach nicht auf, dass das Programm auch WLAN-Daten speichern werde.

Die FCC (Federal Communications Commission) hatte Google mit einer Strafe von 25 000 Dollar belegt. Allerdings nur weil der Internet-Konzern die Ermittlungen behindert habe. Der Mitschnitt der WLAN-Daten selbst verstieß nach Auffassung der Behörde nicht gegen das Gesetz - weil es in den USA keinen Präzedenzfall gebe, den entsprechenden Artikel zum Abhörverbot auch auf WLAN anzuwenden. Zugleich betonte die FCC, dass wichtige Fragen offen geblieben seien.

Google veröffentlichte den Bericht der Behörde mit geschwärzten Namen, nachdem US-Datenschützer aus dem Electronic Privacy Information Center einen Antrag auf Einsicht des Dokuments gestellt hatten. „Während wir mit einigen Feststellungen in dem Dokument nicht einverstanden sind, stimmen wir mit der FCC darin überein, dass wir das Gesetz nicht verletzt haben“, erklärte dazu eine Sprecherin der Los Angeles Times. Zuvor war von der FCC eine stark zensierte Version des Berichts veröffentlicht worden.

29 Apr 2012

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