taz.de -- Beleidigung statt Entschädigung: 3 Pfund Abfindung für Rover-Arbeiter

7 Jahre lang haben Arbeiter nach der Schließung des Rover-Werks für eine Abfindung gekämpft. Jetzt gibt es drei Pfund. Das reicht für ein Bier in einem Landgasthof.
Bild: Paul Melding arbeitete 15 Jahre lang bei Rover. Als Dank kann er sich nun ein Bier kaufen.

DUBLIN taz | Die Münchener Autobauer BMW, die Rover wohl nur wegen der Technologie des Allradantriebs gekauft hatten, wollten die Firma vor zwölf Jahren wieder loswerden. Da sich kein finanzkräftiger Käufer für das marode Unternehmen fand, übernahm ein Konsortium von vier Rover-Managern unter Leitung des ehemaligen Rover-Chefs John Towers den Laden für zehn Pfund. Sie nannten ihre Firma „Phoenix“, weil sie aus der Asche auferstehen sollte.

Die „Phoenix Four“ wurden von den Arbeitern als Retter gefeiert, sie hatten die Unterstützung der Regierung und der Gewerkschaften. Towers wurde mit Sprechchören und Transparenten begrüßt, als er nach der Übernahme in einem Rover 75 vorfuhr. Doch im April 2005 war endgültig Schluss. 6.500 Arbeitsplätze im Werk Longbridge bei Birmingham und 12.000 weitere Jobs bei den Zulieferbetrieben gingen verloren.

Der Wohlwollen für Towers schlug in Wut um, als herauskam, dass er und seine Miteigentümer Nick Stephenson, John Edwards und Peter Beale sowie Geschäftsführer Kevin Howe sich während ihrer fünfjährigen Amtszeit Gehälter von insgesamt 42 Millionen Pfund bezahlt hatten. Towers sagte damals, es werde genug Geld für die Arbeiter übrig bleiben, denn die Vermögenswerte von Rover beliefen sich auf rund 50 Millionen Pfund.

Natürlich müssten davon erst mal die Gläubiger bezahlt werden, aber er sei zuversichtlich, dass mehrere Millionen übrig bleiben würden, schränkte Towers ein. Am Ende waren es 22.000 Pfund, die nun unter den 6.500 ehemaligen Rover-Arbeitern aufgeteilt werden.

Selbst Bitten des Erzbischofs wurden nicht gewürdigt

Die Bitten des Erzbischofs von York sowie zahlreicher Abgeordneter, wenigstens einen Teil der 42 Millionen in den Fonds für die Rover-Arbeiter einzuzahlen, würdigten die „Phoenix Four“ nicht mal mit einer Antwort. Die letzten Hoffnungen auf Geld aus der Konkursmasse wurden in dieser Woche enttäuscht, als ein Londoner Gericht urteilte, dass die Konkursverwalter PricewaterhouseCoopers nicht verpflichtet seien, Informationen über die Beträge zu veröffentlichen, die sie der Gläubigerbank HBOS gezahlt haben.

Weitere 23 Millionen Pfund, die der Tochtergesellschaft MG Rover Capital gehörten, sind derzeit von der Rentenaufsichtsbehörde eingefroren. Die Behörde muss bis Ende des Jahres entscheiden, ob sie das Geld freigibt. Sollte das geschehen, so würde die Summe zwischen den Aktionären aufgeteilt: 51 Prozent gingen an HBOS, 49 Prozent an die „Phoenix Four“.

Elf Millionen Pfund für die Arbeiter - unwahrscheinlich

Ob die Vier in diesem Fall ihre elf Millionen Pfund in den Fonds für die Arbeiter einzahlen, erscheint in Anbetracht ihres bisherigen Verhaltens unwahrscheinlich. Auf Nachfrage des Guardian verweigerte ein Sprecher der „Phoenix Four“ die Antwort.

Die vier Ex-Eigentümer dürfen 19 Jahre lang keinen Direktorenposten in einem Unternehmen bekleiden. Ex-Geschäftsführer Howe hingegen arbeitet längst wieder als Direktor einer Firma in den USA.

4 May 2012

AUTOREN

Ralf Sotscheck

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommunalwahlen in Grossbritannien: Halbzeit-Denkzettel für Cameron

Aus Protest gegen konservative Sparpolitik legt Labour zum ersten Mal seit Jahren bei einer britischen Kommunalwahl zu. Sie erreichte ihr Ziel: 700 Sitze mehr.

Stellenabbau bei Neckermann: Alternative zu Streichungen gesucht

Mehr als die Hälfte der Stellen bei Neckermann soll wegfallen, nun beginnen die Verhandlungen mit dem Betriebsrat. Der Konzern will aus dem Kataloggeschäft aussteigen.

1. Mai: Schlechte Reden für gute Arbeit

Mehr als 5.000 Menschen kamen zum Tag der Arbeit auf den Domshof. Redner forderten gute Arbeit, gerechte Löhne und soziale Sicherheit.

Apple-Produzent bleibt in der Kritik: Zwangspraktika bei Foxconn

Eine Arbeitsrechtsorganisation wirft Apple vor, die Ausbeutung von Zwangspraktikanten bei ihren Produzenten zu verschweigen. Im Fokus steht der Elektronikkonzern Foxconn.

Interview mit BMW-Kulturchef: "Das Lab ist kein Ufo"

Nach der Guggenheim-Lab-Pleite: BMW-Kulturchef Thomas Girst spricht über Vorurteile, PR-Tricks und private Sponsoren in der Kultur.