taz.de -- Kommentar Schleswig-Holstein-Wahl: Erstklassige Mandate

Die Abgeordneten der Minderheitspartei SSW sind vollwertige ParlamentarierInnen. Und selbstverständlich dürfen sie deshalb auch in eine Koalitionsregierung eintreten.
Bild: Steht nach der Wahl plötzlich ohne Job da: Noch-Wirtschaftsminister Jost de Jager.

Es gibt keine Mandate erster und zweiter Klasse, auch nicht in Schleswig-Holstein. Die Abgeordneten des SSW sind vollwertige ParlamentarierInnen mit allen Rechten und Pflichten. Und selbstverständlich dürfen sie deshalb auch in eine Koalitionsregierung eintreten. Es ist zudem beruhigend, dass die Schmähkampagne der CDU gegen den Wählerverband nach hinten los ging: Der SSW erreichte am Sonntag das beste Ergebnis seiner Geschichte.

Als Vertretung zweier Minderheiten – der dänischen und der friesischen – hat der SSW eine Sonderrolle, die vom Bundesverfassungsgericht 2005 ausdrücklich für rechtens erklärt wurde. Die Befreiung von der Fünf-Prozent-Hürde seit 1955 ist Teil der ältesten Integrationspolitik in Deutschland.

Eben weil diese Form der Minderheitenpolitik zum gesellschaftlichen Selbstverständnis im hohen Norden gehört, ist nichts dagegen zu sagen, dass der SSW in Schleswig-Holstein mitregieren will. Eine Koalition mit SPD und Grünen kann nach den beiden vorzeitig gescheiterten Katastrophen-Regierungen seit 2005 – CDU/SPD und CDU/FDP – nur ein Fortschritt sein.

Nach sieben Jahren weit gehender politischer Lähmung gibt es in Schleswig-Holstein eine Menge aufzuräumen. Und da kommen neue Ideen und frischer Wind gerade recht. Die nächste Koalition wird gemessen werden an den politischen Akzenten, die sie setzt. Nicht an ihrem Akzent.

7 May 2012

AUTOREN

Sven-Michael Veit

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