taz.de -- Dänen-Partei: Zünglein an der Waage
Anfangs wollte die Partei der dänischen Minderheit die Wiedervereinigung mit Dänemark, ab den 70er-Jahren war sie für alle Themen offen.
HAMBURG | taz Nichts wie raus aus dem Land der Kriegsverbrecher und Kriegsverlierer: Für den Südschleswigschen Wählerverband, der sich 1948 auf Anordnung der britischen Militärregierung gründete, stand das Ziel obenan, Südschleswig wieder zu einem Teil Dänemarks zu machen. Im 1947 gewählten ersten Nachkriegs-Landtag saßen bereits sechs Abgeordnete der Minderheit, auch bei folgenden Kommunalwahlen waren die Vertreter der Dänen und bald auch der Friesen in ihrem Kerngebiet an der dänischen Grenze erfolgreich. 1949 brachte die Partei sogar einen Abgeordneten in den Bundestag.
Ab den 50er-Jahren verschwand die Idee der Wiedervereinigung mit dem Königreich. Allmählich sanken auch die Stimmen für den SSW, der in Gefahr geriet, an der Fünf-Prozent-Klausel zu scheitern. Denn die Regionalpartei trat nur nördlich der Eider an, musste sich aber mit den landesweiten Parteien messen. In der Bonn-Kopenhagener-Erklärung von 1955 wurde der SSW von der Klausel befreit. Damit hängt die Frage zusammen, die im Zug der „Dänenampel“-Verhandlungen immer wieder auftaucht: Gilt die alte Regelung noch, obwohl der SSW inzwischen landesweit als Regionalpartei für ganz Schleswig-Holstein auftritt? Die CDU hat aber bereits angekündigt, gerichtlich nicht dagegen vorgehen zu wollen.
In den ersten Jahrzehnten ging es dem SSW praktisch ausschließlich um Minderheitenpolitik, so schätzt es jedenfalls die Partei selbst in einem historischen Rückblick ein. Erst Karl Otto Meyer, der von 1971 bis 1996 als Ein-Mann-Fraktion im Landtag saß, öffnete das Themenspektrum. Nach der Barschel-Affäre weigerte er sich, für die CDU-FDP-Koalition zu stimmen – angesichts des Patts im Landtag gab es Neuwahlen, die Björn Engholm gewann. Meyer handelte sich einen Wutausbruch des bayrischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß ein: „Sollen Dänen Deutschland regieren?“, tobte der CSU-Mann.
Seit 1996 vertritt Anke Spoorendonk den SSW im Landtag. Dank Stimmenanteilen von über vier Prozent konnten seither immer weitere Abgeordnete einziehen, zuletzt erreichte der SSW dank Ausgleichsmandaten mit vier Personen fast Fraktionsstärke. Nun haben drei Minderheitenvertreter den Sprung in den Landtag geschafft – und Lars Harms, Friese, studierter Betriebswirtschaftler und ehemaliger Leiter der Tourist-Information Heide, könnte der erste SSW-Minister werden. EST
11 May 2012
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