taz.de -- Apple-Produzent Foxconn: 80 Überstunden im Monat fürs iPad

Exzessive Mehrarbeit und entwürdigende Disziplinarmaßnahmen: Wie der weltgrößte IT-Hersteller Foxconn trotz vermehrter Kritik auf Ausbeutung setzt.
Bild: Auch wenn das ein offizielles Foto ist – gute Arbeit sieht anders aus.

BERLIN taz | Trotz Lohnerhöhungen und versprochener Verbesserungen bleiben die Arbeitsbedingungen beim weltgrößten IT-Produzenten Foxconn in China mies. Zu diesem Schluss kommt ein am Donnerstag vorgelegter Bericht der Hongkonger [1][Arbeitsrechtsorganisation Sacom] (Students & Scholars Against Corporate Misbehaviour).

Der taiwanische Foxconn-Konzern mit rund einer Million Mitarbeitern produziert in China für Apple, Amazon, Dell, HP und Nokia. Sacom kritisiert, dass der Konzern in einigen Produktionsbereichen zwar Überstunden abgebaut habe, dies jedoch zu Reallohneinbußen der Beschäftigten geführt habe.

In anderen Bereichen verzeichnen sie eine gestiegene Arbeitsbelastung sowie weiter exzessive Überstunden bei der IPad-Produktion für Apple. Bemängelt werden auch überbelegte Unterkünfte (bis 30 Personen in einer Dreizimmerwohnung), entwürdigende Disziplinarmaßnahmen, die nicht vertrauenswürdige Beschwerde-Hotline, mit der der Konzern auf die zahlreichen Selbstmorde reagiert hatte, sowie die vom Konzern gesteuerte Gewerkschaft.

Von Januar bis März hatte die industrienahe Fair Labour Association für Apple die Arbeitsbedingungen bei Foxconn untersucht und viele der seit 2010 von Sacom und anderen erhobene Vorwürfe wegen ausbeuterischer Arbeitsbedingungen bestätigt.

Suizidserie 2010

Foxconn war nach einer Suizidserie 2010 unter seinen chinesischen Beschäftigten in die Schlagzeilen geraten. Der amerikanische Computerhersteller Apple und Foxconn versprachen darauf Verbesserungen.

Jetzt fand Sacom durch Interviews mit 170 Arbeitern und Vorarbeitern aus zwei Fabriken in Shenzhen (Provinz Guangdong) und Zhengzhou (Henan) heraus, dass dort, wo Überstunden reduziert wurden oder die saisonale Nachfrage gerade niedrig ist, die Beschäftigten trotz zweier Lohnerhöhungen heute weniger als 2010 verdienen.

Doch in den Fabriken, die Apples stark nachgefragtes iPad produzierten, würden die Beschäftigten weiter bis zu 80 Überstunden im Monat leisten und damit weit über der versprochenen Norm wie der gesetzlichen Grenze liegen.

Auf diesen inzwischen fünften Bericht Sacoms hat der Foxconn-Konzern bisher nicht reagiert.

31 May 2012

LINKS

[1] http://sacom.hk/

AUTOREN

Sven Hansen

ARTIKEL ZUM THEMA

14-jährige im Werk beschäftigt: Foxconns billige Kinderarbeiter

Arbeitnehmervertreter werfen dem Apple-Zulieferer schon lange vor, Schüler als billige Arbeitskräfte zu missbrauchen. Nun hat Foxconn es eingestanden.

Apple-Zulieferer in China: Foxconn-Fabrik produziert wieder

5.000 Polizisten gegen 2.000 Foxconn-Arbeiter. Kurz nach den gewaltsamen Protesten wird beim chinesischen Apple-Produzenten die Produktion wieder aufgenommen.

Kommentar Foxconn: Neues iPhone, alter Mensch

2.000 Fabrikarbeiter des Apple-Zulieferers Foxconn in Nordchina liefern sich eine Massenkeilerei. Die Arbeitsbedingungen haben sich kaum verbessert.

Werk mit 79.000 Arbeitern geschlossen: Ausschreitungen bei Foxconn

In China kam es an einem Werk des Elekronikherstellers Foxconn zu Ausschreitungen von rund 2.000 Arbeitern. Das Werk vorübergehend geschlossen.

Vorwürfe gegen Produktion bei Samsung: Kinderarbeit für einen Kinderlohn

Für die Produzenten des Apple-Rivalen Samsung sollen auch Kinder arbeiten, berichtet eine eine chinesische Arbeitnehmerorganisation. Zudem bekämen sie nur 70 Prozent des Lohnes.

Apple will expandieren: Siri versteht künftig Chinesisch

Apple will in Zukunft stärker auf den chinesischen Markt setzen. Die Kritik an den Arbeitsbedingungen bei den dortigen Zulieferern bleibt davon unberührt.

Unternehmen Foxconn: Im Apple-Sandwich

Foxconn, der eigentliche Hersteller von iPhones, Tablets und anderer Elektronik, macht Minus. Der Kultkonzern Apple ist daran nicht unschuldig.

Apple-Produzent bleibt in der Kritik: Zwangspraktika bei Foxconn

Eine Arbeitsrechtsorganisation wirft Apple vor, die Ausbeutung von Zwangspraktikanten bei ihren Produzenten zu verschweigen. Im Fokus steht der Elektronikkonzern Foxconn.

Ausbeutung bei Apple-Produktion bestätigt: Statt 61 künftig 49 Wochenstunden

Eine Apple-nahe Organisation hat die Arbeitsbedingungen beim Zulieferer aus China untersucht. Das Ergebnis: Die Arbeitszeiten sind zu lang, die Arbeiter zu schlecht bezahlt.

Foxconn kündigt Lohnerhöhung an: IT-Arbeiter bekommen mehr Geld

Der Elektronikkonzern stellt unter anderem iPods und iPads her. Die Erhöhung fällt mit einer Inspektion der amerikanischen Fair Labor Association zusammen. Zufall?

Apple-Fabriken in China werden überprüft: Inspektionen in den Sweatshops

Der IT-Konzern Apple hat eine industrienahe Organisation beauftragt, die Apple-Produzenten in China zu prüfen. Dort hatten Arbeiter mit kollektivem Suizid gedroht.

Zulieferer veröffentlicht: Apple übt sich in Transparenz

Die Arbeitsbedingungen bei Apples asiatischen Herstellern von iPhones und iPads stehen seit Jahren in der Kritik. Apple will jetzt ein Zeichen setzen und veröffentlicht eine Zulieferer-Liste.

Protest von Foxconn-Mitarbeitern: Massensuizid als Drohkulisse

Letztes Mittel im Arbeitskampf: Im zentralchinesischen Wuhan haben bis zu 300 ArbeiterInnen des Elektronikkonzerns Foxconn mit Selbstmord gedroht.