taz.de -- Wie feiert Berlin die Fußball-EM?: Schlaaand wacht auf
Heute startet die Fußball-EM in Polen und der Ukraine - noch scheint keine Feierstimmung auf Berlin übergegriffen zu haben. Die Erfahrung jedoch lässt hoffen.
Wer hat die Bilder nicht mehr im Kopf? Fußball-WM 2006 in Deutschland, Sommermärchen, ein Meer aus schwarz-rot-goldenen Flaggen. Das fanden zwar nicht alle toll – so oder so aber hat es fast jeden bewegt. Kurz vor dem Start der EM in Polen und der Ukraine wirkt Berlin allerdings noch etwas schläfrig.
Aber nicht nur die aussichtsreichen Wetterprognosen lassen auf erstarkende Stimmung hoffen, sondern auch die Erfahrung: Der Start 2006 verlief ähnlich schleppend. Plötzlich jedoch schien es, als hätte jemand den Schalter umgelegt.
Erste Anzeichen
Und siehe da: Erste Anzeichen finden sich bereits dafür, dass Berlin gerade aus der fußballerischen Lethargie erwacht. Die Fanmeile auf der Straße des 17. Juni etwa – seit einigen Jahren eine Institution bei Meisterschaften – wird derzeit aufgebaut, der Verkehr am Brandenburger Tor ist weiträumig gesperrt. Auch wenn die diesjährige Fanmeile wegen der zeitgleich stattfindenen Fashion-Week etwas kleiner ausfällt als in den Jahren zuvor, werden Hunderttausende zu den Spielen erwartet.
Die größte Leinwand wird auf der Hauptbühne am Brandenburger Tor stehen, dazu kommen weitere Bildschirme und Bühnen quer durch den Tiergarten bis kurz vor der Siegessäule. Achtung: Vuvuzelas müssen zu Hause bleiben. Wem das Bad in der ganz großen Menge nicht gefällt, der hat zahlreiche Gelegenheiten, den passenden Ort fürs etwas kleinere Public-Viewing zu finden (siehe Kasten).
Sogar die Evangelische Kirche Berlin Brandenburg outet sich als Fußball-Fan: In mehr als 50 Gemeinden in der Region werden die Spiele in Kirchgärten oder Gemeindehäusern übertragen. In der Kreuzberger Emmaus-Kirche werden einige Spiele sogar mit Orgelklängen „kommentiert“. Manch einer wird auf göttlichen Beistand hoffen.
Für die Sicherheit in der Hauptstadt wurde gesorgt: Derzeit befinden sich laut Polizei genau 147 gewaltsuchende und rund 1.100 gewaltbereite Fußball-Fans in Berlin. Mit 60 Personen hat die Polizei gezielt gesprochen – zur Prävention, wie Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) am Dienstag sagte. Nach derzeitigem Stand jedoch werde im Zusammenhang mit der EM nicht von Gefahren ausgegangen, sagte die Polizei der taz.
Auch Zeichen erster Fan-Euphorie sind in der Stadt schon zu erkennen: Die ersten Flaggen hängen von den Balkonen herab – unvergessen die 20 mal 5 Meter große Fahne über einem Handygeschäft in der Sonnenallee. Noch hängt sie, die im Streit um Beflaggung mehrfach geklaut und wieder aufgehängt wurde, zwar nicht – die kleineren Autofähnchen jedoch machen sich schon wieder breit. Einzige rechtliche Handhabe: Sie dürfen weder die Sicht des Fahrers noch die Verkehrsicherheit beeinträchtigen.
Für diejenigen, die die EM nicht nur auf der Leinwand, sondern live erleben wollen, hat die Deutsche Bahn eine Sonderverbindung nach Danzig eingerichtet: Täglich um 15.40 Uhr fährt ein Zug ab Hauptbahnhof. Die Hotelbranche rechnet derweil mit jeder Menge Touristen, die auf ihrem Weg nach Polen oder in die Ukraine in Berlin Station machen.
Die DFB-Elf spielt am morgigen Samstag zum ersten Mal – und ist bereits angefragt, nach ihrem Ausscheiden oder auch dem Gewinn der Meisterschaft nach Berlin zu kommen. Spätestens dann wäre die Stadt wohl in Feierlaune.
8 Jun 2012
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