taz.de -- Geldflut gegen hohe Arbeitslosigkeit: US-Notenbank will Wachstum erzwingen
Die Fed greift wieder ins Arsenal der Geldpolitik: Für 267 Milliarden Dollar tauscht sie kurzfristige gegen langfristige Anleihen. Die historisch niedrigen Zinsen sollen weiter sinken.
BERLIN taz/rtr | Die US-Notenbank Fed will die amerikanische Wirtschaft stützen, weil die Arbeitslosigkeit auf einem Rekordniveau von 8,2 Prozent verharrt. Deshalb beschloss die Fed am Mittwochabend, ihre „Operation Twist“ bis zum Ende dieses Jahres zu verlängern.
Die „Operation Twist“ sollte eigentlich im Juni auslaufen. Die Idee dabei: Die Fed tauscht kurzfristige gegen langfristige Staatsanleihen. Sie stößt also US-Papiere mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren ab – und kauft dafür Schatzpapiere mit einer Laufzeit von sechs bis 30 Jahren. Bisher hatte das Programm einen Umfang von 400 Milliarden Dollar, nun sollen weitere 267 Milliarden hinzukommen.
Mit dieser Tauschaktion sollen die langfristigen Zinsen noch stärker nach unten gedrückt werden. Allerdings sind die Zinsen auch jetzt schon sehr niedrig: Momentan zahlen die USA für zehnjährige Staatsanleihen knapp 1,7 Prozent.
Die Anleger zeigten sich wenig beeindruckt von den Fed-Maßnahme: Die Aktienkurse in den USA bewegten sich kaum. Der deutsche DAX stieg am Donnerstag nur marginal.
Wachstumsprognose für 2012 gesenkt
Fed-Chef Ben Bernanke scheint zu ahnen, dass die „Operation Twist“ nicht ausreichen wird, um die amerikanische Wirtschaft zu stimulieren. Er kündigte daher an, dass die US-Notenbank künftig noch drastischer eingreifen könnte: „Wir würden sicherlich auch weitere Staatsanleihen-Käufe in Erwägung ziehen, wenn die Wirtschaft einer weiteren Stärkung bedarf.“ Die Fed hat bereits 2,3 Billionen Dollar ausgegeben, um US-Staatsanleihen aufzukaufen und die Zinsen zu drücken.
Trotzdem kommt die amerikanische Wirtschaft nicht richtig in Gang: Für dieses Jahr rechnet die Fed mit einem Wachstum von 1,9 bis 2,4 Prozent. Noch im April hatte sie das diesjährige Wachstum auf bis zu 2,9 Prozent geschätzt.
Die USA benötigen ein relativ starkes Wirtschaftswachstum, weil die erwerbsfähige Bevölkerung noch immer zunimmt. Pro Monat müssen etwa 150.000 Arbeitsplätze geschaffen werden, damit die Arbeitslosigkeit nicht steigt. Im April und im Mai entstanden jedoch nur jeweils 73.000 neue Stellen.
21 Jun 2012
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Zwei Wirtschaftskrisen, zwei Antworten: In den USA greift die Notenbank Fed massiv ein – während die Europäische Zentralbank oftmals passiv zugucken muss, wie sich die Eurozone auflöst.
Das Treffen der wichtigsten Schwellen- und Industrieländer in Mexiko zeigt: Die G20 hat kein Konzept gegen ein schrittweises Zerbröseln der Eurozone.
Als England im 17. Jahrhundert klamm war, erfand es die Banknote und wurde zur Weltmacht. Die Geschichte einer großen Zentralbank.
Muscheln, Münzen oder Papier: Alles kann Geld sein. Aber wie funktioniert das? Der Ökonom Joseph Huber erklärt, warum Banken ungehemmt Geld schaffen können.