taz.de -- Rechnungshof rügt EnBW-Deal: Harte Kritik an Mappus' Regierung
Der Rechnungshof hat den Kauf der EnBW-Anteile durch die ehemalige Regierung von Baden-Württemberg kritisiert. Der Deal habe der Landesverfassung nicht genügt.
STUTTGART dpa | Der Rechnungshof in Baden-Württemberg hat das Vorgehen der früheren Landesregierung unter Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) beim Abschluss des EnBW-Deals scharf gerügt. Die Prüfung des Geschäfts von Ende 2010 ergab, „dass das Verfahren im Vorfeld des Vertragsabschlusses in wesentlichen Teilen nicht den Anforderungen genügt, die aus der Landesverfassung und der Landeshaushaltsordnung folgen“. Die Finanzprüfer übergaben ihren Bericht zu dem umstrittenen Milliardengeschäft am Dienstag dem Landtag und der Landesregierung.
Der Rechnungshof hinterfragte vor allem die Rolle der Investmentbank Morgan Stanley. Sie war für die Prüfung des Kaufpreises von 4,7 Milliarden Euro zuständig. Risiken seien nicht ausreichend berücksichtigt worden, monieren die Kontrolleure. Die Bank, deren Deutschlandchef Dirk Notheis ein Vertrauter von Mappus ist, sei „ohne haushaltsrechtliche Ermächtigung“ beauftragt worden, heißt es in dem Prüfbericht. Angesichts der Höhe des Honorars in zweistelliger Millionenhöhe hätte es einen Nachtragshaushalt geben müssen.
Harte Kritik übt der Rechnungshof auch daran, dass die damalige Landesregierung den Kauf nicht richtig habe erklären können. Das Landesinteresse am Erwerb sei „nicht überzeugend begründet“ worden.
Die grün-rote Landesregierung wirft Mappus und Notheis vor, den Preis von 4,7 Milliarden Euro nicht richtig ermittelt zu haben. Auch dadurch habe das Land dem französischen Energiekonzern EDF zu viel für die 45 Prozent an der EnBW bezahlt. Das Gutachten ist insbesondere für Notheis brisant. Er hatte am Montag erklärt, er wolle eine Auszeit nehmen.
Mappus hatte das Geschäft im Dezember 2010 mit großer Eile und am Landtag vorbei durchgezogen – angeblich weil EDF darauf bestand. Er nutzte dabei das Notbewilligungsrecht des Finanzministers. Im Herbst 2011 erklärte der Staatsgerichtshof in Baden-Württemberg diese Ausschaltung des Parlaments für verfassungswidrig. Nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima geriet der Atomstromer EnBW stark in Bedrängnis. Wegen des raschen Ausstiegs aus der Kernenergie schreibt das Unternehmen tiefrote Zahlen.
26 Jun 2012
ARTIKEL ZUM THEMA
In Ungarn will die Regierung die Energiekonzerne verstaatlichen, um mehr Einfluss auf die Preise zu nehmen. Auch Eon ist davon betroffen.
Ein Interesse aus Russland, EnBW zu übernehmen, nannte Stefan Mappus als Grund für seine Geheimhaltung im EnBW-Deal. Doch das Interesse soll es nie gegeben haben.
Stefan Mappus ist in der CDU durch die Instanzen marschiert. Bis er schließlich Ministerpräsident wurde und fiel – aufgrund eines Irrtums.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt: Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus wird der Untreue beim umstrittenen EnBW-Rückkauf 2010 verdächtigt.
Russische Regierungsvertreter sollen deutschen Stromkonzernen katastrophale Zustände in AKWs beschrieben haben. Russische Aktivisten fühlen sich bestätigt.
Beim Kauf der EnBW-Aktien gab Investmentbanker Notheis den Takt vor. Exministerpräsident Stefan Mappus ließ sich dirigieren. Nun soll die Bankenaufsicht den Fall prüfen.
Schadensersatz oder Rückabwicklung: Die Stuttgarter Landesregierung zweifelt den Kauf von EnBW-Anteilen an. Der Verkäufer, der Versorger EDF, soll Milliarden zahlen.
Kein deutscher Stromkonzern hing so an der Kernkraft wie die EnBW. Wie sich die großen Energieversorger umstellen müssen – und können, wenn sie wollen.