taz.de -- Religiöse Beschneidung in der Kritik: Eine heilige Angelegenheit

In Deutschland ist die Beschneidung von Kindergenitalien jetzt eine Straftat. Das gefällt dem türkischen EU-Minister genausowenig wie Juden, nicht-türkischen Muslimen und den Christen.
Bild: Dass die Beschneidung, wie hier an einem Bukusu-Knaben in Kenia durchgeführt, später zu einer Verlederung der Eichelhaut führen kann, wird nicht diskutiert.

ISTANBUL afp | Nach den Vertretungen von Christen, Juden und Muslimen in Deutschland hat jetzt auch die türkische Regierung das Kölner Urteil zur Strafbarkeit der Beschneidung bei Jungen kritisiert. Die Beschneidung als Körperverletzung zu werten, sei eine Dummheit, sagte EU-Minister Egemen Bagis nach Medienberichten vom Donnerstag.

Die Beschneidung als „heilige Angelegenheit“ sei keine Sache der Gerichte. Das Thema müsse aus Sicht der Religions- und Gewissensfreiheit betrachtet werden, sagte Bagis, der ein enger Vertrauter von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ist.

Bagis sprach in seiner Reaktion auf das Urteil auch die häufige Kritik aus Europa an der Lage der Menschen- und Freiheitsrechte im EU-Bewerberstaat Türkei an. Diejenigen, die von der Türkei stets mehr Transparenz, Demokratisierung und Meinungsfreiheit forderten, müssten erkennen, wie „schief“ das Verständnis dieser Werte in ihren eigenen Ländern sei, sagte er.

Das Kölner Landgericht hatte in seiner am Dienstag veröffentlichten Entscheidung die Auffassung vertreten, eine Beschneidung aus religiösen Gründen sei strafbar. Sie sei auch nicht durch die Einwilligung der Eltern gerechtfertigt, da sie nicht dem Wohl des Kindes entspreche. Vertreter der christlichen Kirchen sowie der Juden und der Muslime in der Bundesrepublik wiesen das Urteil zurück und verlangten eine Korrektur der Entscheidung.

28 Jun 2012

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