taz.de -- Existenz-Entzug für Migranten: „Mindestens zehn Ghanaer einstellen“
Geschäfte werden verriegelt, Ausländer haben Angst: In Ghana haben die Behörden mit der Schließung von Läden im Besitz von Migranten begonnen.
ACCRA taz | Ghanas Regierung macht Ernst: Seit Dienstag werden Geschäfte und Marktstände im Besitz von Ausländern systematisch von einer staatlichen „Task Force“ geschlossen und mit Vorhängeschlössern verriegelt.
An den Türen werden Aushänge angebracht, auf denen steht: „Das Gesetz schreibt allen Nichtghanaern, einschließlich Ecowas-Bürgern (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft, d. Red.), die Handel betreiben wollen, folgendes vor: Ihre Geschäfte außerhalb designierter Märkte zu öffnen, mindestens 300.000 US-Dollar in Geld oder Sachwerten zu investieren, sich bei der GIPC (Ghanas Investitionsbehörde, d. Red) anzumelden, eine Einwanderungsquotenbestätigung zu erhalten und mindestens zehn Ghanaer einzustellen.“
Die Schließungen sollen die einheimischen Händler vor der Konkurrenz durch Einwanderer schützen, die lokalen Umsatz „stehlen“, wie es heißt. Eine Frist, sich den Vorgaben zu beugen oder das Geschäft aufzugeben, war in den letzten Wochen mehrfach verschoben worden. Die Schließungen begannen nun am Dienstag früh in der Hauptstadt Accra und weiteten sich am Mittwoch auf weitere Städte aus.
Regionale Spannungen
„Die Task Force wird durch die Märkte ziehen, um Läden von Nichtghanaern, die die Gesetze missachten, zu schließen“, sagte Ghanas Handelsministerin Hannah Tetteh. Sie dementierte, dass sich die Maßnahme explizit gegen Ausländer richte oder das gute Investitionsklima in Ghana störe: „Das Gesetz richtet sich nicht an Bürger eines bestimmten Landes. Es geht darum, dass Nichtghanaer sich genauso an die Gesetze halten wie Ghanaer.“ Die Regierung sei verpflichtet, die Interessen ihrer Bürger wahrzunehmen.
Die Maßnahmen haben regionale Spannungen herbeigeführt. Eine Gruppe von Parlamentariern in Nigeria forderte den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Ghana. „Die meisten nigerianischen Händler in Ghana verkaufen kleine Waren wie CDs, Videos und Kassetten. Wie sollen sie 300.000 Dollar beibringen, bevor sie überhaupt ein Geschäft eröffnen?“, fragte der Abgeordnete Abike Dabiri-Erewa. Ghanas Außenminister Alhaji Muhammed Mumuni bestritt, dass die Maßnahmen einen Bruch der Ecowas-Verträge darstellten, die westafrikanischen Staatsbürgern Bewegungsfreiheit in ganz Westafrika garantieren.
Nun geht unter den Ausländern in Ghana die Angst um. Amaefola Chijoke, ein Handyverkäufer aus Nigeria auf dem Kwame-Nkrumah-Kreisverkehr in Accra, sagt, man sei nicht nach Ghana gekommen, um den Ghanaern zu schaden, sondern um der Arbeitslosigkeit in Nigeria zu entkommen. Eine nigerianische Juwelenhändlerin sagte, sie halte jetzt Ausschau nach einem ghanaischen Partner. Ein indischer Geschäftsmann klagt, er habe Millionen in lokaler Währung investiert, aber das zähle jetzt offenbar nicht mehr: „Wir wissen nicht, was wir tun sollen.“
4 Jul 2012
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