taz.de -- Titel des „Zeit“-Magazins gelöscht: Kein Phallus auf Facebook

Facebook hat das Titelbild des „Zeit“-Magazins gelöscht. Dort war ein männliches Geschlechtsteil zu sehen. Hätte man mit rechnen können.
Bild: Das war der Teil des Covers vom „Zeit“-Magazin, den Facebook nicht ertragen hat.

Wer sich vergangenen Mittwochnachmittag auf die Facebook-Seite des Zeit-Magazins verirrt hat, hatte Gelegenheit zu betrachten, worauf der Blick sonst oft verwehrt wird. Darüber geredet werden darf freilich schon – in Frauen-Magazinen wie der Cosmopolitan zum Beispiel. Ansonsten ist und bleibt der Penis in der Medienwelt jedoch ein Tabu. Offiziell zwar erst ab einem Steigungswinkel von 45 Grad, inoffiziell bekommt man ihn aber auch im unerigierten Zustand nur selten vor die Linse.

Die Sichtbarkeit weiblicher Nacktheit hingegen ist eine mediale und gesellschaftliche Selbstverständlichkeit. Warum muss sich der Penis hinter einer medialen Busenlandschaft verstecken?

Genau darüber machte sich Elisabeth Raether in der aktuellen Ausgabe des Zeit-Magazins ausführlich Gedanken. Auf dem Foto der Titelgeschichte ist dann tatsächlich das männliche Geschlechtsteil – wenn auch in schummrigem Licht und, zugegeben, nicht in erigiertem Zustand – zu sehen.

Wie jeden Mittwoch wurde das Magazin-Cover von der Redaktion auf Facebook gepostet. „Wir wollten uns in der Hinsicht nicht selbst zensieren“, antwortet Chefredakteur Christoph Amend auf die Frage, ob die Bildzensur nicht vorauszusehen war.

Nacktheit und Pornografie sind laut Facebooks Richtlinien ein absolutes No-go.

Wer sich diese jedoch genau durchliest, kommt schnell ins Grübeln: Die Grenzen für die Darstellung von Nacktheit hätten sie klar und streng definiert. Gleichzeitig seien sie aber bestrebt, das Recht der Menschen zu respektieren, persönlich bedeutsame Inhalte miteinander zu teilen. Als Beispiel wird das Bild einer stillenden Mutter angeführt – mit nackter Brust. Und wieder muss sich der Penis hinter der weiblichen Brust verstecken. Facebook hat es bestätigt.

26 Jul 2012

AUTOREN

Wösch

TAGS

Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt Überwachung

ARTIKEL ZUM THEMA

Pornographie und Technik: „Den Ausbau des Netzes beschleunigt“

Ist Pornografie der heimliche Motor technologischer Entwicklungen? Zumindest hätten Pornos sie beschleunigt, sagt Technologieforscher Jonathan Coopersmith.

Unterschiede zwischen Frauen und Männern: Das sind nicht die Hormone!

Die Psychologin Cordelia Fine räumt in ihrem Buch auf mit der „Geschlechterlüge“: Männer und Frauen sind nicht anders verdrahtet, das ist alles nur Projektion.

Facebook, Google und Ebay gründen Lobby: Mächtig digital vereint

Große Firmen der IT-Branche in den USA organisieren sich in einem Lobbyverband, der der Förderung des Internets dienen soll. Man will eine gemeinsame „Stimme in Washington“ haben.

Klarnamen in sozialen Netzwerken: Youtube freundlich, Facebook dreist

Google und Facebook versuchen die User auf Klarnamen zu verpflichten. Mit verschiedenen Methoden. Mehr aber unterscheidet sich der Tonfall.

Facebook-Überwachung ist kein Einzelfall: Digitale Stasi

Facebook überwacht den Chat seiner User. Angeblich um sexuelle Übergriffe bei Minderjährigen zu verhindern. Ist das gesetzeswidrig? Allein wäre Facebook dabei nicht.

Facebook-Party auf dem Land: „Denk doch mal für fünf Pfennig“

In Saaße langweilen sich Polizei, Journalisten und Jugendliche: Auf der über Facebook angekündigten Riesenparty war nichts los. Immerhin: Eine Familie in Hausschlappen schlappte vorbei.