taz.de -- Kommentar Ausbeuter-Vermieter: Kein Vertrauen ins Jobcenter

Die meisten betroffenen Mieter schwiegen. Denn die Furcht, ihre Wohnung zu verlieren, war größer als ihr Vertrauen in die Behörde. Daran muss die Behörde etwas ändern.
Bild: Kann teuer werden - zumindest wenn der Staat bezahlt: Muster-Mietvertrag.

Ein Vermieter hat im großen Stil das Jobcenter und damit das Gemeinwesen betrogen. Der Fall zeigt, wie schwach die Position mancher ist, die auf die Hilfe des Staates zum Leben angewiesen sind. Dem Jobcenter lässt sich schwerlich ein Vorwurf machen, dass es das nicht unterbunden hat. Die Fälle zeigen aber auch, dass es kein Vertrauensverhältnis zwischen ihm und den Hilfe-Empfängern gibt.

Kuhlmann und weitere Vermieter haben Wohnungen für teures Geld vermietet, die viel kleiner waren als im Mietvertrag angegeben oder schwerwiegende Mängel hatten. Das Jobcenter, das den Hilfe-Empfängern die Wohnung bezahlt, hatte keine Möglichkeit herauszufinden, dass die Wohnungen überteuert waren – schließlich war auf dem Papier der Mietverträge alles in Ordnung.

Es wäre an den Betroffenen gewesen, die Behörde auf den Betrug hinzuweisen. Aber die meisten von ihnen schwiegen – sei es aus Angst, aus Handlungsunfähigkeit oder aus schlichter Wurschtigkeit. Und diejenigen, die noch über einen Rest an Handlungspotenzial verfügten, teilten sich nicht etwa dem Jobcenter mit, sondern den Medien, in Sonderheit dem sozial engagierten Straßenmagazin Hinz & Kunzt. Das bedeutet, dass ihre Furcht, die Wohnung zu verlieren, größer war als das Vertrauen in das Jobcenter. Daran muss die Behörde etwas ändern.

1 Aug 2012

AUTOREN

Gernot Knödler

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